Zufälle führten zum grossen Glück
Mit viel Liebe zum Detail renoviert Niklaus Maurer ein 300-jähriges Bauernhaus. Der Schmied greift dafür auf aussergewöhnliche Bauteile zurück. Ein Augenschein vor Ort.
«Sie können es nicht verfehlen», sagt Niklaus Maurer am Ende der telefonischen Wegbeschreibung. Und tatsächlich, Mitten in Rumisberg steht sein Bijou, ein rund 300-jähriges Bauernhaus, das der Schmied und Werklehrer sein Eigen nennen kann. Ein immenser Kran deutet auf die andauernden Bauarbeiten hin.
Ein kleines Schild mit der Aufschrift «Chaos-König» über dem Eingang gibt einen ersten Hinweis über den besonderen Hausbewohner. Wobei sich bei einer Führung zu einem späteren Zeitpunkt herausstellt, dass «detailverliebt», wie sich Maurer selber bezeichnet, viel besser passt.
2012 stiess Niklaus Maurer zufälligerweise auf die Liegenschaft. Seit längerem verfolgte er bereits den Plan, ein altehrwürdiges Bauernhaus zu erwerben und nach seinem Gusto zu renovieren. Eigentlich wollte er ein anderes Gebäude in Rumisberg besichtigen, fand dieses jedoch nicht auf Anhieb.
Dafür konnte er seinen Blick nicht vom Haus an der Dorfstrasse abwenden. Eine weitere glückliche Fügung wollte es, dass der ältere Bewohner kurzum ins Altersheim wechselte. Und so konnte Niklaus Maurer sein Traumhaus kaufen.
Der Ballenberg-Schmied
Seine Faszination kommt nicht von ungefähr: Während rund 12 Jahren war der gebürtige Berner als Kursleiter und Museumsschmied im Freilichtmuseum Ballenberg tätig gewesen. «Als Leiter für Schmiedkurse konnte ich in meinem Traumberuf arbeiten, denn die Leute waren motiviert, und ich konnte ihnen meine Begeisterung für das Kunsthandwerk weitergeben», erinnert er sich.
«Ich will das Haus nicht totsanieren, sondern seine Geschichte mit einer Abzweigung weiterführen.»
Als das Konzept für die Museumsschmiede indes geändert wurde, stimmte es für Maurer nicht mehr richtig, und er brach zu neuen Ufern auf. 2011 nahm er eine Anstellung als Werklehrer in Wiedlisbach an, denn nebst der Ausbildung zum Schmied hat er auch das Lehrerseminar absolviert. Mit dem Kauf seines Traumhauses verschob sich sein Lebensmittelpunkt endgültig vom Oberland in den Oberaargau.
Ein Gang durch die Epochen
Fünf Jahre ist das nun her, und seitdem ist viel gegangen. Maurer steckt nebst all seinem Ersparten auch seine ganze Leidenschaft in das kleine, aber feine Bauernhaus. «Ich will das Haus nicht totsanieren, sondern seine Geschichte mit einer Abzweigung weiterführen», sagt Maurer. Deshalb verwendet er viel altes und ausschliesslich natürliches Baumaterial. So entdeckt man bei einem Hausrundgang hier einen 200-jährigen Balken, da eine Türe, die 400 Jahre auf dem Buckel hat.
Man wähnt sich in einem musealen Haus auf dem Ballenberg. Gotik, Romanik und Renaissance befinden sich unmittelbar nebeneinander. «Einigen mag dieser Stilmix nicht gefallen. Aber ich habe Achtung vor jeder Epoche, auch wenn sie vielleicht nicht zusammenpassen», sagt der Schmied.
Niklaus Maurer hinterfragt fast jeden seiner Funde, überlegt, wieso vor 200 Jahren arme Landwirte ihre Hausfassade derart aufwendig dekoriert und weshalb sie Balken geschnitzt hatten. Und er sinniert, wie 12 Meter lange Baumstämme auf den Berg geschleppt wurden. «Dass ich meine Leidenschaft für das Kunsthandwerk in mein Projekt integrieren kann, ist äusserst befriedigend», schwärmt Maurer.
Die alten Objekte findet er an diversen Orten. Im Internet. Bei Auktionen. Und auch auf die Denkmalpflege kann Maurer zurückgreifen. «Die Zusammenarbeit verläuft sehr erfolgreich», betont er.
Beeindruckender Raum
Seit rund zweieinhalb Jahren wohnt der 48-Jährige inzwischen in seinem Bijou, zu Anfangszeiten noch auf einer grossen Baustelle. Mittlerweile ist der Wohnbereich aber fast fertiggestellt. Gegenwärtig ist Maurer mit den Umgebungsarbeiten beschäftigt.
Nebst dem Wohnteil verfügt das geschichtsträchtige Bauernhaus über einen grosszügigen Ökonomieteil. Darin will Niklaus Maurer seine eigene Schmiede einbauen, in der er auch Kurse anbieten möchte. «Es soll ein Haus der Begegnung werden», so der Rumisberger.
«Ohne die Mithilfe treuer Freunde wäre das ganze Projekt schon längst gestorben.»
Vom Schmiederaum geht es hinauf zur Heubühne. Diese ist schlichtweg atemberaubend. Weil das 300-jährige Haus ursprünglich mit Stroh gedeckt war, fällt das Dach sehr steil aus. Maurer hat es von einer Zimmerei sanieren lassen. Nun erstrahlt der Dachstock in neuem Glanz, in einer Kombination aus neuem und altem Holz. Für den immensen Raum hat der Bauherr noch keine konkreten Pläne: «Es wäre sicher viel möglich, zum Beispiel Familienfeste oder Filmabende.»
Ein Gemeinschaftswerk
«Ohne die Mithilfe treuer Freunde wäre das ganze Projekt schon längst gestorben», betont Maurer, sichtlich bewegt. Er bezeichnet das Schmuckstück daher auch als ein Gemeinschaftswerk.
Ob er in den vergangenen fünf Jahren nie an einen Punkt gelangt sei, an dem er aufgeben wollte? «Ich bin hier und mit dem ganzen Projekt sehr glücklich, habe aber auch schwere Zeiten erlebt», sagt Maurer. So etwa, als ihn nach dem Baustart seine Partnerin verliess. Rund ein Jahr lang sei es nicht vorwärtsgegangen, doch er habe alles darangesetzt, um sein Projekt weiterführen zu können.
Der Einsatz hat sich gelohnt, die Bauzeit neigt sich dem Ende zu. Im Herbst 2018 soll eine grosse Eröffnungsfeier steigen. «Obwohl», wendet der detailverliebte Bauherr schmunzelnd ein, «ganz fertig werde ich wohl nie werden.»
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