Staatskunde live – ohne Happy End
Um 7.30 Uhr, als auf dem Dorfplatz in Tafers die Live-Übertragung der Bundesratswahl beginnt, sind mehr Medienleute als Einheimische zugegen. Die Unterstützung für Urs Schwaller beschränkt sich auf zwei Transparente. «Alles Gute Urs, wir sind stolz auf dich» und «Viel Glück – Bonne Chance» heisst es auf dem Platz zwischen Kirche, Sensler Museum und Oberamt, dort, wo 1986 die politische Karriere von Schwaller begonnen hat. Dazu ziert Schwallers Konterfei die kleine Speise- und Getränkekarte. Nach und nach füllt sich der Dorfplatz. Personen jeden Alters suchen einen Platz mit guter Sicht auf einen der drei Bildschirme. Immer mehr Schüler, von Primar- bis zum Berufsschüler, bevölkerten den Platz. Für sie ist es Staatskundeunterricht live. «Die Kinder sind ganz zappelig», schildert ein Lehrer. Um 8.30 Uhr werden die Sitzplätze rar. Der Lärmpegel ist hoch. Noch interessieren sich wenige für die Reden der Fraktionschefs. Erst kurz nach 9 Uhr beim Resultat des ersten Wahlgangs wird es etwas ruhiger. Doch die Ruhe wird gleich wieder von lautem Applaus und Jubel durchbrochen. Urs Schwaller hat das beste Resultat erzielt. Je näher die Entscheidung rückt, desto voller wird der Dorfplatz und je besser wird die Stimmung. Als der Freiburger Ständerat im dritten Wahlgang weiterhin führt und fast 100 Stimmen erhält, ist die Stimmung auf dem Höhepunkt, der Sieg ist zum Greifen nah. Doch nun kommt Stimmungskiller Christian Lüscher, der seinen Rückzug ankündigt. Es gibt vereinzelte Pfiffe und Buhrufe für SVP-Fraktionschef Caspar Baader, als er erklärt, dass seine Partei nun Burkhalter unterstützen werde. Damit ist für viele Politinteressierten in Tafers klar: Es wird sehr schwierig für den populären Sensler. Quasi als Trostpflaster für die Taferser strahlt das Schweizer Fernsehen das Porträt von Urs Schwaller aus. Und einen Sonderapplaus erhält die Genfer SP-Nationalrätin Maria Roth-Bernasconi, die unterstreicht, dass sie immer Urs Schwaller gewählt habe. Um 10.05 folgt die traurige Nachricht für die rund 400 Anwesenden, davon mehr als die Hälfte Schüler. Nicht ihr Urs Schwaller wird neuer Bundesrat, sondern Didier Burkhalter. Von einem Moment auf den anderen sinkt die Stimmung auf den Nullpunkt. Die Enttäuschung ist riesengross, wieder ertönen einzelne Pfiffe und Buhrufe. Im Nu leert sich der Platz. Die Schüler kehren traurig zurück in ihre Klassenzimmer. Den Personen, die bleiben, steht die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Es wird analysiert. «Ein so deutliches Resultat hätte ich nicht erwartet. Ich habe bis zum Schluss gehofft», sagt Paul Zbinden, ehemaliger Freiburger CVP-Nationalrat. Und Oberamtmann Nicolas Bürgisser ergänzt: «Es ist wie beim Fussball: Lange haben wir geführt und am Schluss doch verloren.» Die ersten Bildschirme werden schnell abmontiert. Gerade rechtzeitig. Denn kurz darauf beginnt der Himmel zu weinen.Hans Ulrich Schaad>
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