Neue Jobs in BurgdorfSpritzen gegen Fettleibigkeit sind Ypsomeds neues Grossprojekt
Das Geschäft mit Insulinpens boomt. Nun expandiert der von Simon Michel geführte Konzern mit Spritzen gegen andere Krankheiten.

In den USA ist die Spritze zum Abnehmen bereits ein Renner. Die Aussichten auf Milliardenumsätze locken weltweit. Ein Stück des Kuchens abschneiden will sich der Burgdorfer Medtechkonzern Ypsomed. Er stellt zwar keine Medikamente her, ist aber ein immer bedeutenderer Hersteller von Penspritzen und Autoinjektoren, mit denen sich chronisch Kranke bislang vorab Insulin, zunehmend aber auch andere Wirkstoffe selber verabreichen können.
Bereits ist Ypsomed Vertragspartner der allermeisten grossen Pharmakonzerne für diverse Medikamente, etwa gegen Osteoporose, Parkinson, Asthma oder multiple Sklerose. Im letzten Jahr konnten weitere 35 Projektaufträge auf den Weg gebracht werden, darunter für Wirkstoffe gegen Fettlebererkrankung und Adipositas.
Bei Medikamenten gegen Fettleibigkeit liefen Vertragsverhandlungen, sagte Ypsomed-Chef Simon Michel an der Jahresbilanzpräsentation vor Analystinnen und Journalisten in Zürich. Es gehe global um über eine Milliarde Pens pro Jahr. «Wir werden eine gewichtige Rolle spielen», sagte Michel.
Neue Fabriken
Auch wenn Ypsomed nicht alles selbst herstellen, sondern auch Vertragspartner einspannen wird, steht ein grosses Wachstum bevor. Die Produktion in Schwerin und in China wird schon erweitert. In der ostdeutschen Fabrik baut Ypsomed eine neue Produktionshalle und schafft 60 neue Arbeitsplätze.

Und in Changzhou im Grossraum Shanghai fand kürzlich der Spatenstich für ein neues Werk statt, um im wachsenden chinesischen Markt expandieren zu können. Hier sind in einem ersten Schritt 100 Arbeitsplätze geplant.
100 Arbeitsplätze mehr in Burgdorf
Aber auch in der Schweiz schafft Ypsomed neue Jobs. Am Hauptsitz in Burgdorf stieg die Zahl der Beschäftigten in den letzten zwölf Monaten um 53 auf 781, in Solothurn um 59 auf 687. Das dürfte sich im neuen Geschäftsjahr 2023/24 wiederholen, wie Michel ankündigt. Weltweit beschäftigt Ypsomed mittlerweile 2059 Personen.
Simon Michel tritt mit der Wachstumsstrategie immer mehr aus dem Schatten seines Vaters, des Firmengründers Willy Michel, der letztes Jahr das Verwaltungsratspräsidium abgegeben hat. Den Gewinn konnte Ypsomed im Geschäftsjahr 2022/23 auf 51 Millionen Franken verdoppeln.
Dazu trugen das starke Wachstum von 25 Prozent im Geschäft mit Penspritzen und der Erlös aus einem Spartenverkauf bei: Der Konzernumsatz wuchs um 7 Prozent auf 497 Millionen Franken. Der Verkauf des deutschen Versandgeschäfts für Insulinpumpen an die niederländische Mediq brachte rund 17 Millionen Franken ein.
Das Meisterstück von Simon Michel wäre es, mit den Insulinpumpen nach langen Aufbaujahren in die Gewinnzone vorzustossen. Der Umsatz verdoppelte sich hier zwar im letzten Jahr, und das Ziel von über 30’000 Anwenderinnen und Anwendern wurde erreicht. Das Geschäft riss aber ein weiteres Loch von 50 Millionen Franken in die Kasse.
Michel begründet dies mit zusätzlichen Kosten für den Vertrieb, das Marketing, für Abschreiber auf neue Produktfunktionen und die Betreuung der erweiterten Systeme. Zudem platzte die Vertriebspartnerschaft mit dem US-Konzern Eli Lilly. Im neuen Geschäftsjahr solle der Verlust aber halbiert und im übernächsten Jahr die Gewinnschwelle erreicht werden.
Bald im Nationalrat?
Simon Michel will auch auf der Politbühne eine grössere Rolle übernehmen. Für die FDP Solothurn ist er bereits Kantonsrat. Nun kandidiert er für den Nationalrat und hat Chancen, den nach 20 Jahren zurücktretenden Kurt Fluri zu beerben. Michel wäre wohl im Bundeshaus der Unternehmer mit dem grössten Konzern nach Ems-Chefin Magdalena Martullo-Blocher.
Die Familie Michel kontrolliert Ypsomed weiterhin mit knapp 74 Prozent der Aktien. Sie profitiert daher am meisten davon, dass die Dividende für das abgelaufene Jahr von 0.60 auf 1.30 Franken pro Aktie oder total rund 17 Millionen Franken erhöht wird. Zudem stieg auch Simon Michels Cheflohn weiter auf 1,1 Millionen Franken.
Im Geschäftsjahr 2023/24 soll es weiter aufwärtsgehen. Michel prognostiziert ein Umsatzwachstum der fortgeführten Geschäftsbereiche von rund 25 Prozent. Beim Betriebsgewinn (Ebit) stellt er eine weitere Zunahme von 60 Millionen im letzten Jahr auf mindestens 90 Millionen Franken in Aussicht.
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