Geldblog: Anlagetipps für SeniorenWorauf bei einem kurzen Anlagehorizont zu achten ist
Im hohen Alter sollte man nicht zu hohe Risiken eingehen und in erster Linie einen Ertrag als Rentenzustupf anstreben.

Meine 84-jährige Mutter, zurzeit bei bester Gesundheit, konnte 500'000 Franken erben. Somit kommt sie auf ein Vermögen von 550’000 Franken. Ihr Einkommen generiert sie nur aus einer Witwenrente von 24'000 Franken. Ihren Verbrauch schätzt sie auf circa 50'000 Franken. Nun bin ich unschlüssig, was ich ihr empfehlen soll. Eine Bank empfiehlt, das Konto mit Bankaktien und einen kleinen Teil in einen Strategiefond zu investieren. Eine andere empfiehlt, 200'000 Franken auf einem Konto zu parkieren, 100'000 Franken in einen Strategiefond zu investieren und 250'000 Franken mithilfe einer Vermögensverwaltung in Fonds zu investieren – wobei dieses Investment auf leichtes Wachstum ausgelegt wäre. Können Sie mir noch einen weiteren Tipp geben und die obigen Varianten kommentieren? Leserfrage von J.B.
Wenn man im Alter Geld anlegt, sollte man sich bewusst sein, dass man von einem kürzeren Anlagehorizont ausgehen muss. Anders als ein 20-Jähriger kann man nicht darauf vertrauen, dass man das in Wertschriften investierte Geld einfach die nächsten Jahrzehnte locker auch mal liegen lassen und selbst starke Kurseinbrüche aussitzen kann. Man hat deutlich weniger Jahre zur Verfügung, während denen das Geld angelegt ist. Wenn es in dieser Zeit zu einem Einbruch an den Finanzmärkten kommt, ist man meist nicht mehr in der Lage, den Rückschlag wieder zu kompensieren.
Darüber hinaus sollte man sich Klarheit darüber verschaffen, wofür man das Geld einsetzen möchte. Im Alter macht es meist Sinn, dass man einen möglichst attraktiven Ertrag generiert. Dies kann dann ein willkommener Zustupf zu den Renteneinnahmen werden. Meist braucht es aber zusätzlich einen Vermögensverzehr. Als junge Anlegerin setzt man beim Geldanlegen in erster Linie auf Wachstum. Als bereits älterer Mensch würde ich indes nicht auf Wachstum setzen, sondern auf Ertrag.
Ihre Mutter muss ja nicht in erster Linie das Vermögen vermehren, sondern einen Nutzen daraus ziehen. Darum verstehe ich die Empfehlung der zweiten Bank nicht, die Ihrer Mutter Fonds empfiehlt, die auf Wachstum ausgerichtet sind. Wachstum bringen im Aktiensegment beispielsweise Technologieaktien. Sie weisen in der Regel nur eine geringe Dividende aus, dafür zeichnen sie sich im positiven Fall durch ein erfreuliches Kurswachstum aus. Ihre Mutter hingegen benötigt im Alter nicht in erster Linie Wachstum, sondern Ertrag. Einen solchen Ertrag bringen Obligationen, Immobilienfonds- und Immobilienaktien sowie Dividendenperlen bei den Aktien.
Generell würde ich mit dem geerbten Geld nicht zu hohe Risiken eingehen, da ihre Mutter im Alter sicher nicht noch schlaflose Nächte will.
Obligationen wären theoretisch ideal, da sie einen regelmässigen Zins abwerfen und in der Regel nur geringen Schwankungen ausgesetzt sind. Das Problem momentan ist allerdings, dass sichere Franken-Obligationen wegen der rekordtiefen Zinsen keinen Ertrag bringen. Sehr sichere Bundesobligationen weisen sogar eine Negativrendite aus. Damit man dennoch einen Ertrag hat, muss man Abstriche bei der Schuldnerqualität machen und höhere Risiken eingehen. Lösen kann man dieses Problem, indem man einen Obligationenfonds nutzt, der breit diversifiziert auch in Fremdwährungsanleihen investiert und so etwas Ertrag generiert.
Eine solide Ertragsquelle im Alter bieten zudem Immobilienfonds. Hier würde ich Vehikel nutzen, die hauptsächlich auf Wohnimmobilien setzen. Schöne regelmässige Erträge sind zudem mit Dividendenaktien wie Swisscom, Zürich, Nestlé, Swiss Life, Roche, Novartis, Holcim, Helvetia oder Swiss Re möglich. Allerdings sind Dividenden nie hundertprozentig garantiert. Zudem ist man hier stärkeren Kursschwankungen ausgesetzt. Zusätzlich diversifizieren kann man bei den Dividendenperlen mittels Fonds, die sich auf solche Dividendenperlen im Inland und Ausland fokussieren und so ansprechende Erträge erzielen.
Bankaktien wie es offenbar die erste Bank empfiehlt, würde ich eher nicht nutzen – schon gar nicht Aktien der beiden Schweizer Grossbanken CS und UBS. Generell würde ich mit dem geerbten Geld nicht zu hohe Risiken eingehen, da ihre Mutter im Alter sicher nicht noch schlaflose Nächte will, falls es dann an den Finanzmärkten wieder mal bachab geht, was jederzeit möglich ist.
Ich würde einen Teil des Geldes als Absicherung liquid auf mehreren sicheren Banken halten und den Rest breit diversifiziert in auf Ertrag ausgerichtete Obligationen- und Immobilienfonds sowie in Schweizer Dividendenperlen und Dividendenfonds investieren. So hat Ihre Mutter eine reale Chance, dass sie auf dem Geld jedes Jahr einen ansprechenden Ertrag erzielt und so zu Lebzeiten noch etwas von dem Geld hat und dieses selbst nutzen kann. Ganz ohne Schwankungen wird es allerdings auch dabei nicht gehen. Das ist der Preis dafür, dass sie überhaupt eine Rendite erzielen kann.
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