Der lange Kampf gegen Resistenzen
Bei einem komplexen Problem wie Antibiotikaresistenzen hilft nur eine koordinierte Zusammenarbeit: Humanmedizin, Tiermedizin, Landwirtschaft und Umweltschutz haben gemeinsam schon einiges erreicht.

Wer einen mächtigen Feind vor sich hat, muss von allen Seiten angreifen. Deshalb haben sich die Bundesämter für Gesundheit (BAG), Landwirtschaft (BLW), Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) sowie für Umwelt (Bafu) vor zwei Jahren zusammengeschlossen. Mit einer breitangelegten «Strategie Antibiotikaresistenzen» haben sie einem weltweiten Feind den Kampf angesagt.
Das Problem, das seinen Ursprung in der Humanmedizin, der Tiermedizin und der Nutztierzucht hat, ist komplex. Dennoch gibt es einige Fortschritte. Karin Wäfler, Projektleiterin beim BAG, sagte am gestrigen Informationsanlass in Bern: «Der Verbrauch von Antibiotika ist in den letzten beiden Jahren stabil geblieben.» Und: «Die Schweiz steht punkto Verbrauch im europäischen Mittelfeld.» Erstmals macht die Schweiz auch mit bei der «Antibiotic Awareness Week», welche die Weltgesundheitsorganisation ins Leben gerufen hat (siehe Kasten).
Ein «Unentschieden»
Im Kampf gegen die Resistenzen ist in den letzten beiden Jahren mal ein Punkt an die Strategen gegangen, mal einer an die Mikroben. Bei Erregern wie dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus, das sind gefürchtete Spitalmikroben, die Lungenentzündungen hervorrufen können, haben die Resistenzen abgenommen. Bei anderen wie Escheria coli, einem Darmbakterium, das Durchfallerkrankungen auslöst, sind sie dagegen gestiegen.
«Warum das so ist, können wir nicht definitiv sagen», hielt Corinne Corradi, Leiterin Humanmedizin bei der «Strategie Antibiotikaresistenzen», fest. Wahrscheinlich hänge es aber mit den vermehrten Pneumokokken- Impfungen zusammen: «Je mehr Impfungen, desto weniger Resistenzen.» Resistenzen veränderten sich jedoch rasch. Das mache es für Ärzte schwierig, jeweils die beste Therapie mit der richtigen Dosierung und Dauer zu finden.
In der Humanmedizin tut sich aber einiges: Im kürzlich eröffneten Forschungslabor Nara der Universität Freiburg können neue Antibiotikaresistenzen früh erkannt werden. Und das Zentrum für Antibiotikaresistenzen Anresis versorgt Ärzte mit aktualisierten Empfehlungen. Ein Faktenblatt richtet sich zudem direkt an die Patienten: Es hält unter anderem fest, dass der Körper viele Krankheiten selber abwehren kann und dass Antibiotika gegen Viren nichts ausrichten. Die Patienten werden auch aufgefordert, die Medikamente exakt nach den Vorschriften des Arztes einzunehmen und die Behandlung nicht zu früh abzubrechen.
Mit kleinen Schritten vorwärts
In den zwei Jahren «Strategie Antibiotikaresistenzen» hat auch die Tiermedizin entscheidende Fortschritte gemacht. «So wenig Antibiotika wie möglich, und wenn, dann fachgerecht eingesetzt, und eine Überwachung des Antibiotikaverbrauchs durch die Kantone», zählte Dagmar Heim auf. Die Leiterin Tierarzneimittel und Antibiotika vom BLV sagt, dass Tierärzte und Landwirte mit Antibiotika heute deutlich restriktiver umgingen.
Zurückhaltung bei allen, damit möglichst wenige Antibiotikarückstände in die Umwelt gelangen, ist für Michael Schärer vom Bafu die ideale Voraussetzung. Aber die Menge an Antibiotika in Schweizer Gewässern lässt sich weiter reduzieren: Heutige Kläranlagen können Antibiotika nicht entfernen. «Mithilfe von pulverisierter oder granulierter Aktivkohle können wir die Antibiotikabestandteile aufspalten und unschädlich machen, und zwar mit sehr moderaten Mehrkosten», sagt Schärer. Bis 2040 sollen zwei Drittel aller Kläranlagen so aufgerüstet sein.
Mit diesen koordinierten Massnahmen nähern sich die vier Bundesämter dem Ziel ihrer breitangelegten Strategie Schritt um Schritt: Gesundheit für das ganze System Mensch – Tier – Landwirtschaft – Umwelt, «One Health».
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