Wischen, stoppen und ausrutschen
Jung, sportlich, Curlerin – Sarah Stauffer aus Rüeggisberg räumt auf mit Klischees, die an ihrem Sport haften. Trotzdem schätzt die 23-Jährige manch beständigen Wert, welchen das Curling verkörpert.
Im Zeitalter des grassierenden Individualismus, in dem das Wohlergehen des Einzelnen über jenem der Allgemeinheit thront, steht Teamsport quer in der Landschaft. Trainieren zu fixen Zeiten und Kompromisse eingehen – Formstand: mangelhaft. Ausnahmen existieren. Sarah Stauffer, 23-jährig, aus Rüeggisberg, liebt ihr Hobby gerade weil sie sich dabei mit anderen Menschen arrangieren muss. Vier Personen bilden ein Team im Curling, vier Personen umfasst Stauffers Familie: Sarah, Mutter Sandra, Vater Kurt, Bruder Michael. Seit drei Jahren trainieren sie in der Curlinghallte Thun als «Stufis» für Meisterschaften und Turniere. «Ich geniesse es, meine Familie beim wöchentlichen Training zu sehen, da wir im Alltag alle viel beschäftigt sind», sagt Sarah Stauffer.
Obwohl der Plausch im Vordergrund stehe bei den «Stufis», falle es ihr schwer, ihren Ehrgeiz zu zügeln. Denn seit ihrem 9. Lebensjahr züchtete ihn Stauffer heran, spielte im Junioren-Nationalkader und strebte eine Profikarriere an. Bis ihr mit 20 Jahren alles zu viel wurde: Ausbildung, drei Trainings pro Woche, Turniere an den Wochenenden – auch im Ausland.
Die Liebe zu Japan
Heute arbeitet Sarah Stauffer im Hotel Schützen in Steffisburg an der Rezeption. Ihr Chef spielt auch Curling, weshalb oft Teams, die in Thun ein Turnier spielen, im Hotel gastieren.
Zum Beispiel eine Equipe aus Japan, was Stauffer besonders freute: «Seit drei Jahren lerne ich Japanisch, da konnte ich meine Kenntnisse gleich anwenden. Drei Mal reiste Stauffer bereits nach Japan. Und zu Hause malt sie auf eine Leinwand auf einer Staffelei mit Acrylfarben japanische Fantasyfiguren. Dass sie dieses Land derart verehrt, liegt vor allem an dessen Kultur: «Die Menschen dort sind nicht so auf sich bezogen, sie schauen aufeinander. Das vermisse ich in der Schweiz.»
Uneinigkeit gehört dazu
Immerhin beim Curling findet sie solch japanische Verhältnisse: «An den Turnieren ist der Umgang unter den Teams sehr freundschaftlich.» Eine Folge der Tradition, dass das Siegerteam dem unterlegenen ein Getränk offeriert nach dem Match. «Im Curling gewinnt man immer: entweder den Match oder den Apéro.»
Gemäss den Curlingregeln entscheidet der Skip, der «Chef» des Teams, wer welchen Stein wie spielen muss. Bei den «Stufis» nimmt der Vater diese Rolle ein. Doch seine Tochter ist nicht immer einverstanden mit den Weisungen, paukte sie doch während ihrer Zeit im Nationalkader stundenlang Spielzüge, die sie gerne an den Matchs mit der Familie umsetzen möchte. «Je nach Laune und Spielstand können wir besser oder schlechter mit solchen Situationen umgehen. Uneinigkeiten gehören halt auch zum Teamsport.»
Ausgerutscht!
Auch findet sie schade, dass dem Curling das Etikett einer langweiligen, unanstrengenden Sportart für alte Leute anhaftet. «Das ist überhaupt nicht so!» Wenn sie mit dem Besen wische, hämmere ihr Herz ganz fest, da müsse sie fit sein. Am schwierigsten sei aber der Wechsel zwischen Wischen und Steinspielen. «Mit hohem Puls einen Stein präzise abzugeben, braucht viel Übung.»
Komplex sei auch, einzuschätzen, wie sich die Steine in fremden Curlinghallen verhielten, da die Eisqualität sehr unterschiedlich sei. Da hilft ihr die Stoppuhr: Mit ihr misst sie, in wie vielen Sekunden der Stein von einer Linie zur nächsten gleitet. So kann sie einschätzen, wie viel Schwung sie den Steinen beim Abspielen verleihen muss. Eine Sache aber hängt nicht von der Eisqualität ab: «Es kommt immer noch vor, dass ich ausrutsche auf dem Eis.» Selbst Olympiasiegern und Weltmeistern passiere das. Auch da dringt der Gemeinschaftsgedanke durch: Die Curlerinnen und Curler helfen einander wieder auf die Beine.
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