Europas Wirtschaft gerät ins Stocken
Die Wirtschaft in den Euro-Ländern wächst nur noch um 0,2 Prozent. Die grossen Hoffnungsträger Frankreich und Deutschland werden zu einer Enttäuschung.
Die lahmende deutsche Wirtschaft hat auch das Wachstum in der Eurozone kräftig gebremst. Die Konjunkturentwicklung verlief deutlich weniger dynamisch als noch zum Jahresstart.
Im zweiten Quartal 2011 legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den 17 Euro-Ländern im Vergleich zum Vorquartal nur um 0,2 Prozent zu, teilte die europäische Statistikbehörde Eurostat in einer ersten Schätzung mit.
Zu Jahresbeginn sah es noch besser aus
Zu Jahresbeginn hatte der Aufschwung noch mehr Fahrt gehabt: Im ersten Quartal lag die Wachstumsrate bei 0,8 Prozent. Im Jahresvergleich ist die Wirtschaft im Euroraum von April bis Juni um 1,7 Prozent gewachsen.
In der gesamten EU legte das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal verglichen mit dem vorangegangenen Drei-Monats-Zeitraum ebenfalls um 0,2 Prozent zu. Im ersten Quartal hatte das Wachstum auch in den 27 EU-Staaten bei 0,8 Prozent gelegen.
Estland schneidet am besten ab
In den Euro-Staaten Frankreich und Portugal sowie in Ungarn stagnierte die Wirtschaft im zweiten Quartal. Am besten schnitten unter den Euro-Ländern Estland (1,8 Prozent), Finnland (1,2 Prozent) und Österreich (1,0 Prozent) ab. Deutschland, der wichtigste Handelspartner der Schweiz, ist mit 0,1 Prozent nur knapp am Null- Wachstum vorbeigeschrammt.
Noch stehen die Zeichen auf Wachstum, aber vor dem Hintergrund der schwelenden Schuldenkrise und der flauen US-Konjunktur nehmen die Risiken zu. Auch das Quartalswachstum zu Jahresbeginn wurde leicht von 1,5 auf 1,3 Prozent nach unten korrigiert. Im Vorjahresvergleich wuchs die Wirtschaftsleistung damit von April bis Juni preisbereinigt um 2,8 Prozent nach (korrigiert) 5,0 Prozent zuvor. Ökonomen reagierten prompt und senkten ihre Prognosen für das Gesamtjahr.
US-Konjunktur drückt aufs Wachstum
Als Gründe für die nachlassende Dynamik gelten zudem die Staatsschuldenkrise im Euroraum und die schwächelnde US-Konjunktur – Gefahren, die in den vergangenen Wochen bereits die Börsen weltweit auf Sinkflug geschickt hatten.
Im zweiten Quartal kamen positive Impulse für die deutsche Wirtschaft nach Angaben der Statistiker von den Exporten und den Investitionen in Maschinen und Anlagen. Da die Importe aber stärker zunahmen als die Ausfuhren, wirkte sich der Aussenbeitrag insgesamt negativ auf die Wirtschaftsentwicklung aus.
Staatsschulden bremsen
Neben den Bauausgaben bremste auch der Konsum die zuletzt so schwungvolle Konjunktur in Deutschland – und das, obwohl die Arbeitslosigkeit auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung ist und der Inflationsdruck zuletzt dank gesunkener Ölpreise nachliess. Zusätzliche Sparmassnahmen etwa in den Schuldenländern Frankreich und Italien dürften die deutsche Exportwirtschaft und damit die Konjunktur insgesamt zusätzlich bremsen.
Nach dem tiefen Einbruch um (korrigiert) 5,1 Prozent im Krisenjahr 2009 war die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahr um (ebenfalls korrigierte) 3,7 Prozent gewachsen. Dank des starken Jahresauftakts hat die Wirtschaftsleistung das Vorkrisenniveau von Anfang 2008 aber bereits wieder überschritten.
Analysten befürchten grössere Konjunkturschwäche
Die Zahlen «wecken die Befürchtung, dass die beiden zuletzt starken Kernländer der Eurozone eine grössere Konjunkturschwäche durchlaufen als bisher angenommen», sagte der Analyst Chris Williamson vom britischen Finanzdienstleister Markit.
Die schwachen Wachstumszahlen für Deutschland und Frankreich könnten auch die gesamteuropäische Schuldenkrise weiter verschärfen, warnte der Commerzbank-Analyst Christopher Weil. Zumindest bestehe die Gefahr einer verminderten Bereitschaft und Fähigkeit von Ländern mit guten Bonitätsnoten, anderen Staaten aus der Krise zu helfen.
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