Wieder schliesst eine Traditionsbeiz
Seit 32 Jahren wirtet Marlis Röthlisberger im Restaurant Siegfried. Auf Ende Jahr hört sie auf. Die Lokalitäten werden kaum als Gasthaus weitergeführt. Damit verschwindet in der Thuner Altstadt eine weitere Traditionsbeiz.

«Ich lebe von meinen Stammgästen», sagt Marlis Röthlisberger, seit 32 Jahren Wirtin im Restaurant Siegfried in Thun. Nun würden aber auch diese immer weniger, fährt sie fort. «Einerseits sind einige meiner treusten Kunden verstorben, andererseits hat das auf Mitte 2009 eingeführte Rauchverbot den Rückgang beschleunigt», nennt die bald 69-Jährige die Hauptgründe. Fehlende Parkplätze tragen das Ihre zum Gästerückgang bei. Eigentlich habe sie bis 70 weitermachen wollen, erklärt sie. Angesichts der sich stetig verschlechternden Situation habe sie sich nun aber entschlossen, die Traditionsbeiz an der Oberen Hauptgasse 72 auf Ende Jahr zu schliessen.
Seit 05 ohne warme Küche
Am 13.Dezember 1978 übernahmen Marlis und Heinz Röthlisberger das Restaurant mit den rustikalen Räumlichkeiten als Pächterehepaar. Leider verstarb der als Nationalligafussballer bekannte Heinz im Oktober 1984 viel zu früh. Neben der Betreuung ihrer damals 10- und 12-jährigen Töchter Claudia und Sarah führte Marlis den Betrieb alleine weiter. «So musste ich die Speisekarte reduzieren, damit auch für die beiden Kinder noch Zeit übrig blieb», erzählt die engagierte Wirtin.
Seit 1990 stand ihr Trudi Arnold als Serviertochter zur Seite. Als diese 2005 in Pension ging, hängte Marlis Röthlisberger die Kochkelle endgültig an den Nagel und führte das Restaurant alleine weiter. Damit waren Spezialitäten wie die «Güggeli» auf dem Holzbrett, die «Hasli-Käseschnitten», Kutteln und im Winter das Kräuterkäsefondue bei Kerzenlicht Geschichte.
Stammtisch gespendet
«Meine Stammkunden wären enttäuscht gewesen, wenn ich unser Beizli aufgegeben hätte», blickt Marlis Röthlisberger zurück. Dies umso mehr, als Gäste vor rund 20 Jahren den beliebten Stammtisch gespendet hatten. «Damals habe ich vor Freude geweint», erinnert sie sich.
Bekannt ist das Siegfried für seine schönen Biere. Nicht umsonst hängt in der Gaststube eine Auszeichnung der Brauerei Feldschlösschen aus dem Jahre 2003 «für höchste Bierqualität». Die Besucher kämen aber nicht nur, um ihr Feierabendbier zu geniessen, betont die Wirtin. Es werde viel gelacht und über Gott und die Welt diskutiert. Sie rühmt auch die Hilfsbereitschaft der Stammgäste, die ihr in schwierigen Situationen zur Seite gestanden seien. Gastrecht im Restaurant Siegfried geniessen auch viele Vereine, wie der älteste Thuner Cagnotteklub (Sparklub), die FC-Thun-Senioren oder der Männerchor Thun.
Mehr Zeit für Grossbuben
Angesprochen auf Unerfreuliches in der Geschichte des Siegfried, erklärt Marlis Röthlisberger: «In meiner langen Wirtinnenzeit musste ich nur einmal die Polizei um Hilfe bitten.» Zwei Gäste hätten Flaschenwein für über 100 Franken getrunken und diesen nicht bezahlen können. Sonst habe es praktisch nie Probleme gegeben. «Nun habe ich mich entschlossen, das Leben mit meinen zwei Grossbuben und deren Familien noch ein bisschen zu geniessen», verrät sie ihre Zukunftspläne.
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