Wie der Ständerat Merz' Fehlkalkulation ausbügeln will
Mit der Unternehmenssteuerreform II belaufen sich die Steuerausfälle – anders als ursprünglich kommuniziert – auf rund 600 Millionen Franken. Der Ständerat gab heute bekannt, wie er das Defizit auffangen möchte.

Der Ständerat hat sich auf ein Vorgehen geeinigt, die Steuerausfälle aus der Unternehmenssteuerreform II zu verringern, die Bundesrat Hans-Rudolf Merz am Ende seiner Amtszeit durchgerungen hatte. Die kleine Kammer hiess heute eine Motion gut, welche dem Bundesrat einen Kompensations-Auftrag erteilt.
Nach mehreren Anläufen hat der Ständerat einen Vorstoss zu den markanten Steuerausfällen aus der fehlerhaft kommunizierten Unternehmenssteuerreform II verabschiedet. Er stimmte einer Motion seiner Wirtschaftskommission (WAK) ohne Gegenstimme zu.
Bei der 2008 knapp vom Volk gutgeheissenen Unternehmenssteuerreform hatte sich der Bundesrat bei den Auswirkungen grob verschätzt. Die Steuerausfälle belaufen sich nicht wie angekündigt auf 83 Millionen Franken beim Bund und etwa 850 Millionen Franken bei den Kantonen, sondern auf weitere rund 600 Millionen Franken pro Jahr. Das Bundesgericht rügte die Fehlschätzung deutlich.
Der Grund für diese Ausfälle ist eine lange Rückwirkungszeit beim Kapitalanlageprinzip. Die Unternehmen können deswegen ihren Aktionären steuerfreie Kapitalrückzahlungen statt steuerpflichtige Gewinnausschüttungen gewähren.
Kein Rütteln am Kapitaleinlageprinzip
Am Kapitaleinlageprinzip will der Rat festhalten. Steuersystematisch sei es korrekt und die Regeln für Unternehmen dürften nicht im Nachhinein geändert werden, sagte Martin Schmid (FDP/GR). Der demokratiepolitische Schaden durch die fehlerhafte Schätzung solle nicht noch durch einen rechtsstaatlichen Schaden verschlimmert werden. Das schade dem Ruf des Wirtschaftsstandorts.
Kompensiert werden sollen die Ausfälle bei der nächsten Unternehmenssteuerreform III - oder in einer eigenen Vorlage. Eine fertige Lösung präsentierte die Kommission nicht. Zur Diskussion steht beispielsweise eine Prioritätenregelung, wonach Unternehmen zuerst Gewinne und Gewinnreserven und erst danach Kapitaleinlagen zurückzahlen dürfen.
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf zeigte sich - wie bereits bei früheren Vorstössen - bereit, eine Vorlage auszuarbeiten. Noch muss aber der Nationalrat der Motion zustimmen. Dieser hatte ein Zurückkommen bisher abgelehnt.
Als weitere Lösungen nebst der Prioritätenregelung prüft die Bundesrätin einen Ausgleich bei der Besteuerung von Beteiligungseinkünften, die in der Schweiz oft steuerfrei sind, oder eine Kompensation bei der Unternehmenssteuerreform III.
Berücksichtigt haben will der Ständerat bei der Kompensation auch die Steuereinnahmen aus der Reform II. Diese führte nämlich dazu, dass neue Firmen in die Schweiz gelangten. Pankraz Freitag (FDP/GL) erinnerte daran, dass es schwierig sei zu ermitteln, ob und wie viele Ausfälle es unter dem Strich gebe.
Altlasten bereinigen
Eine Kompensation der Steuerausfälle streben die Ständeräte vor allem auch im Hinblick auf eine kommende Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform III an. «Die Empörung im Volk wegen der Abstimmungslüge ist nach wie vor gross», hielt Anita Fetz (SP/BS) fest.
Erhöht werde die Empörung noch dadurch, dass der AHV Schaden entstehe, da sich Unternehmer zur Steueroptimierung immer häufiger nur wenig Lohn, dafür aber Nicht-AHV-pflichtige Dividenden ausbezahlten, sagte Paul Rechsteiner (SP/SG).
Auch auf der bürgerlichen Seite wurde diese Ansicht geteilt: «Wenn die Altlasten nicht bereinigt werden, hat jede Steuerreform bei einer Abstimmung ein Handicap», sagte WAK-Sprecher Konrad Graber (CVP/LU).
Die nun ohne Opposition beschlossene Motion tritt an Stelle zweier Motionen von Anita Fetz und Pirmin Bischof (CVP/SO), die konkretere Vorgaben für eine Kompensation der Ausfälle machten. Für eine Verringerung der Steuerausfälle setzte sich auch eine Mehrheit der Kantone ein.
SDA/mrs
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