U-Boot-Kommandanten beraten Bergleute
Ein spezielles Training soll verhindern, dass die verschütteten Bergleute zu dick für den Rettungsschacht werden. Ein Rettungsteam hat zudem ein konkretes Unterhaltungsprogramm entworfen. Und eine Masseurin behandelt verspannte Angehörige.

Am kommenden Dienstag werden die 33 in der chilenischen Atacama-Wüste verschütteten Kumpel länger unter Tage gefangen sein als jemals Bergleute vor ihnen. Das stellt auch die Helfer vor nie dagewesene Probleme: Wie hilft man den Eingeschlossenen und auch ihren bangenden Familien, die Zeit bis zur Rettung zu überstehen? Die kann schliesslich noch bis Weihnachten dauern. Rat holen sich die Behörden auch bei U-Boot-Fahrern und Raumfahrtexperten.
Sie sollen als Fachleute praktische und psychologische Tipps geben, wie man ein Leben in weitgehender Isolation auf engstem Raum am besten bewältigt. Zudem wurde ein Fitnessprogramm ausgearbeitet, damit die Bergleute dünn genug sind, um durch einen Rettungstunnel zu passen. Ihren Angehörigen, die über Tage ihr Lager aufgeschlagen haben, hilft eine Masseurin, die Anspannung zu lockern.
Die 33 Männer sitzen seit einem Felssturz am 5. August in der Gold- und Kupfermine San José am Rand von Copiapó in rund 700 Meter Tiefe fest. Sie konnten sich in einen Schutzraum retten und lebten knapp zwei Wochen mit eiserner Disziplin von einer auf zwei Tage ausgelegten Notration, bis sie am Sonntag von Rettungsmannschaften entdeckt wurden. Durch drei schmale Bohrungen werden sie jetzt mit Frischluft, Wasser und Lebensmitteln versorgt und können mit der Welt draussen kommunizieren, bis ein Rettungsschacht gebohrt ist.
Nicht dicker als 90 Zentimeter
Vergangenes Jahr überlebten drei Kumpel 25 Tage lang in einem überfluteten Schacht in Südchina. Nur wenige Rettungsaktionen dauerten länger als zwei Wochen. Zum Umgang mit Eingeschlossenen wurde eine Gruppe U-Boot-Kommandanten der chilenischen Marine zu Rate gezogen. «Da gibt es viele Ähnlichkeiten», sagte Kapitän Renato Navarro. «U-Boot-Fahrer müssen mit der Last des Meeres über sich umgehen, die Bergleute mit fast 700 Meter Erde.»
Chile bat auch die Nasa um wissenschaftlichen Rat, was die menschlichen Lebensumstände generell und möglicherweise hilfreiche Technik angeht. Die US-Raumfahrtbehörde versprach ihr Möglichstes zu tun. Mit ihrer langen Erfahrung im Umgang mit Astronauten im All könne sie Hinweise geben, wie man Eingeschlossenen psychologische Unterstützung bietet, erklärte Nasa-Astronaut Jose Hernandez. Ausserdem könnten sie helfen, einen Trainingsplan zu entwerfen, um Muskelschwund zu verhindern.
Zwar haben die Verschütteten erheblich an Gewicht verloren, doch wollen die Helfer sicherstellen, dass sie bis zur Bergung nicht stark zunehmen: Die Männer dürften einen Leibesumfang von höchstens 90 Zentimetern haben, wenn sie es durch den Rettungsschacht schaffen wollten. Dieser Schacht wird einen Durchmesser von rund 66 Zentimetern haben, in etwa so viel wie ein Fahrradreifen. Das ergibt zwar einen Umfang von gut zwei Metern, doch gilt es auch noch den Rettungskorb zu bedenken, in dem die Männer einer nach dem anderen ans Tageslicht gehievt werden sollen.
«Sie wissen, wie lange es dauert»
Damit sie bis dahin gesund und fit bleiben, sind nach Angaben von Gesundheitsminister Jaime Manalich Bewegung und andere Aktivitäten angesagt. Routine in den Tagesablauf zu bringen, sei ebenso wichtig wie Ablenkung zu finden. Das Rettungsteam entwerfe ein Unterhaltungsprogramm, zu dem auch Singen, Bewegungsspiele und Kartenspiele gehörten, sagte Manalich. «Wir wollen, dass sie Lieder aufnehmen, Videos drehen, sich Theaterstücke für die Familie ausdenken.»
Psychologischer Beistand ist besonders wichtig, vor allem angesichts der langen Wartezeit bis zur Rettung. Manche Fachleute rechnen mit 25 bis 30 Tagen, andere mit bis zu vier Monaten. Bei dieser Aussicht dürfte es schwerfallen, zuversichtlich zu bleiben. Innenminister Rodrigo Hinzpeter hält es für kontraproduktiv, den Verschütteten genaue Zeitangaben zu machen – obwohl ihnen bewusst sei, dass es eine Weile dauern werde.
Wie lange genau, ist umstritten. Angehörige glauben, dass die Behörden mit Zeitangaben absichtlich grosszügig sind, damit niemand enttäuscht ist, wenn es Probleme gibt. Die Kumpel wüssten aber sehr wohl, dass sie noch warten müssten, sagte Lilianett Gomez, deren Vater Mario unter Tage ist. «Sie wissen, wie lange es dauert, bis sie gerettet werden. Als Bergleute kennen sie das Vorgehen sehr gut.»
Bradley Brooks/dapd
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