Tamedia-Journalisten protestieren mit «Monopol-Zeitung»
Journalisten von «Berner Zeitung» und «Bund» verteilten am Donnerstagmorgen eine gemeinsame Zeitung an Pendler. Damit protestierten sie gegen die Pläne ihrer Arbeitgeberin Tamedia.

Rund 20 Angestellte von «Berner Zeitung» und «Der Bund» haben am Donnerstagmorgen am Berner Hauptbahnhof 7000 Exemplare einer «Monopol-Zeitung» an Pendler verteilt. Mit der Sonderzeitung protestieren die Berner Medienschaffenden gegen die Konzentrationspläne von Tamedia.
Mit der Sonderzeitung wollen die Journalistinnen und Journalisten aufdecken, «was Tamedia der Öffentlichkeit verschweigt», wie die Macher im Frontartikel schreiben. So wolle der Verlag mit dem Reformprojekt 2020 mindestens 61 Millionen Franken Ertragsausfall aus dem rückläufigen Inserategeschäft kompensieren.
Würden diese Einbussen vollständig mit Stellenabbau aufgefangen, fielen konzernweit 400 bis 500 Jobs weg. Tamedia wolle aber niemanden entlassen und setze auf freiwillige Abgänge und Pensionierungen. «Diese Rechnung geht nicht auf.» Der notwendige, mittelfristige Stellenabbau «wird die natürlichen Fluktuationen wohl deutlich übertreffen.»
Der Verlag verschweige zudem, dass Bern diese Erschütterung besonders heftig zu spüren bekomme. Die «Berner Zeitung» werde ausgekernt und nur noch 70 der heute 150 Redaktionsmitglieder umfassen. Der «Bund», der schon 2009 abgebaut habe, sei gezwungen, «weitere Teile seines Charakters preiszugeben.»
Prominente Unterstützung
In der «Monopol-Zeitung» bekommen die Journalisten prominente Unterstützung aus Kultur, Sport und Politik. Nebst SCB-CEO Marc Lüthi, dem es «nicht nur um möglichst viel SCB», sondern um «möglichst viel Meinung» geht, plädiert der Schriftsteller Pedro Lenz für einen Journalismus der Nähe, der dort stattfinden müsse, «wo die Menschen sind, um die es geht.» Das gehe nicht aus der Ferne.
Für Grünen-Präsidentin Regula Rytz muss die Politik «die demokratische Öffentlichkeit schützen», wenn es wegen Abbau und Konzentration zu einem «Marktversagen» kommt. Gefragt sei deshalb eine aktive Medienförderung nach dem Vorbild mehrere europäischer Länder.
Auch der Thuner Stadtpräsident und SVP-Grossrat Raphael Lanz macht sich im Interview mit der «Monopol-Zeitung» Sorgen darüber, «was in einigen Jahren ist.» Wenn künftig vorrangig in Zürich entschieden werde, wie und ob ein Thema behandelt werde, drohe «das Gefühl für andere, insbesondere auch ländliche Regionen verloren zu gehen».
Mehrere Vorstösse hängig
Auf reges Interesse stiess die «Monopol-Zeitung» auch im Berner Rathaus, wo sie den in der Septembersession tagenden Grossratsmitgliedern verteilt wurde. Im Berner Kantonsparlament sind dazu verschiedene Vorstösse aus allen politischen Lagern hängig.
Nach den Grünen reichte am Donnerstag auch die SP-Juso-PSA-Fraktion eine dringliche Motion zur Medienvielfalt ein. Gefordert werden unter anderem Massnahmen zur direkten und indirekten Medienförderung in den Regionen des Kantons gefordert.
Bereits Ende August hatte SVP-Grossrat Samuel Krähenbühl unter dem Titel «Kein Berner Medieneinheitsbrei aus Zürich!» eine überparteiliche Interpellation eingereicht.
Ab 2018 zwei überregionale Redaktionen
Der Medienkonzern Tamedia hatte am 23. August angekündigt, seine Zeitungsredaktionen neu aufzustellen. Ab 2018 sollen zwei überregionale Redaktionen in der Deutsch- und der Westschweiz den Mantel für zwölf Zeitungstitel liefern. In Bern, Lausanne und Zürich sind sogenannte Kompetenzzentren vorgesehen. Laut Tamedia sind bis zur Einführung am 1. Januar 2018 keine Kündigungen vorgesehen. Grund für die Konzentration sei der starke Rückgang der Werbeumsätze.
SDA
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