«Der SCB wäre klinisch tot»
SCB-Geschäftsführer Marc Lüthi kritisiert nicht nur scharf, er warnt: Der SCB wäre klinisch tot, wenn die kantonalen Polizeidirektoren die vorgeschlagenen Massnahmen im Kampf gegen Hooligans durchsetzen würden.

Mit der Einführung von Fanausweisen, der Aufhebung der Stehplätze und geleiteter Anreise der Fans wollen Kantone das Hooliganproblem lösen. Sind das taugliche Ideen? Marc Lüthi: Es gibt zwar im gesamten Massnahmenpaket auch brauchbare Vorschläge. Aber die drei, die Sie erwähnen, sind absolut untauglich.
Warum untauglich? Deren Umsetzung bedeutete nichts weniger als den Tod des Profisportes. Zynisch gesagt wäre das natürlich schon eine Art, das Hooliganproblem aus der Welt zu schaffen. Aber: Es ist mit Kanonen auf Spatzen geschossen.
Wie? Hooligans sind doch ein Problem, das auch dem SCB keine Freude bereiten kann, oder? Niemand bestreitet, dass der Hooliganismus ein Problem ist. Doch es gibt schweizweit nur rund 1000 bis 2000 Hooligans. 99 Prozent der Fans sind völlig friedlich.
Die Massnahmen haben aber zum Ziel, dass gerade die friedlichen Fans wieder gefahrlos Spiele besuchen können. Das können sie schon heute. Das Problem ist, dass mit diesen drei Massnahmen alle Fans bestraft würden. Es hätte absurde Konsequenzen.
Zum Beispiel? Nehmen wir das Kombiticket (siehe Infobox), das die Polizeidirektoren einführen wollen. Es hätte zur Folge, dass ein Fan der Langnauer SCL Tigers, der in Bern wohnt, zuerst nach Langnau reisen muss, um dort in einen Fanbus einzusteigen, der dann wieder nach Bern an ein Auswärtsspiel der SCL Tigers fährt. Und das nur, damit er in der Fankurve seines Klubs sitzen darf. Zwischen Bern und Langnau mag diese Doppelreise ja noch verkraftbar sein. Aber es gibt in Bern zum Beispiel auch Davos-Fans
Was befürchten Sie konkret? Der Witz ist: Die Einführung des Kombitickets würde kaum etwas nützen. Denn der grosse Teil der Hooligans hat schon jetzt ein Stadionverbot. Sie können weiterhin auf eigene Faust anreisen und weiterhin vor den Stadien ihr Unwesen treiben. Die friedlichen Fans werden sich hingegen zweimal überlegen, ob sie mit amtlich auferlegten Umwegen noch an die Spiele kommen.
Aber im Stadion würde es ruhiger. Das ist es ja: Im Stadion bestimmen schon heute die friedlichen Fans die Situation. Beim SCB gab es in den letzten zwölf Jahren gerade mal zwei Vorfälle.
Wie erfreut sind sie über die Idee, die Stehplätze aufzuheben? Das ist der untauglichste Vorschlag. Wenn diese Massnahme umgesetzt wird, wäre der SCB klinisch tot. Unser Klub hat keinen Mäzen, der die Einnahmeausfälle einfach ersetzt. Wir sind angewiesen auf gut besuchte Spiele.
Das heisst, Sie befürchten einen massiven Rückgang der Matchbesucher? Es geht viel weiter: Wir haben seit 70 Jahren eine Stehplatzkultur, und diese Stehplatzkultur, die lebt. Die Stehplätze ermöglichen uns, dass wir moderate Ticketpreise anbieten können, sodass sich jedermann eines leisten kann. Das tun wir bewusst. Wenn wir weniger Plätze haben, weil es nur noch Sitzplätze gibt, dann müssen wir die Preise für die einzelnen Tickets anheben. Nicht mehr alle könnten sich Tickets leisten. Das würde der Stimmung schaden. Der SCB wäre nicht mehr der SCB.
Wie viel weniger Plätze gäbe es? Wir müssten die Sitzzahl von 17'00 auf 12'000 reduzieren.
Sie kritisieren die Polizeidirektoren. Aber die Klubs selber haben ja auch keine Methode gefunden, wie man das Hooliganproblem in den Griff bekommt. Es stimmt einfach nicht, dass wir nichts tun. Im Gegenteil. Nehmen wir den SCB: Vor 12 Jahren haben wir 50'000 Franken für die Sicherheit ausgegeben. Heute ist es eine Million Franken im Jahr, die wir dafür aufwenden. Investiert haben wir vor allem in Sicherheitsdienste im Stadion. Im Stadion übernehmen wir die Verantwortung.
Und wie ist das Problem vor den Stadien zu lösen? Sehr schlecht finde ich, dass die Polizeidirektoren uns, die Sportklubs, nicht einmal mit einbezogen haben, bei der Erarbeitung des Massnahmenpapiers. Das ist unschweizerisch. Nur schon der Name des Dossiers schiesst am Ziel vorbei: Es heisst «Gewalt im Sport». Weder der Sport noch die Spieler haben aber ein Gewaltproblem, sondern ein paar Hooligans.
Was wäre denn der richtige Ansatz, das Problem zu lösen? Man muss das Problem genau dort anpacken, wo es liegt: bei den wenigen gewaltbereiten Leuten. Nützen würde, wenn man sie schnell und wirksam sanktioniert, sodass es ihnen wehtut.
Mehr als heute also? Wenn ein Hooligan vor dem Stadion aufgegriffen wird, nimmt die Polizei im Normalfall Name und Adresse auf und lässt ihn in vielen Fällen wieder springen. Summa summarum lässt sich das Problem nur in einer Zusammenarbeit aller beteiligten Parteien lösen.
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