Abstimmung in Frutigen«Wir sind finanziell in der falschen Richtung unterwegs»
Am Sonntag stimmte die Frutiger Bevölkerung an der Urne über das Budget 2022 ab. Die geplante Steuererhöhung hatte keine Chance. Die übrigen drei Vorlagen wurden angenommen.

«Dieses Ergebnis habe ich absolut erwartet.» So beurteilt der Frutiger Gemeinderatspräsident Hans Schmid den Ausgang der Budget-Abstimmung vom Sonntag. Zwar genehmigte die Frutiger Bevölkerung das ihr unterbreitete Budget 2022. Allerdings verwarf sie die vom Gemeinderat geplante Steuererhöhung deutlich. Und beschloss damit, die geltenden Steueranlagen beizubehalten.
Zwei Varianten unterbreitet
Im Zusammenhang mit dem Budget 2022 hatte der Gemeinderat den Stimmberechtigten zwei Varianten vorgelegt: Variante 1 mit einer Steuererhöhung von einem Steueranlagezehntel für natürliche Personen und Variante 2 mit unveränderten Steueranlagen. In der Abstimmungsbotschaft empfahl der Gemeinderat, Variante 1 zuzustimmen. Damit wäre in Frutigen per 1. Januar die Steueranlage für natürliche Personen von 1,85 auf 1,95 angehoben worden. Die Steuererhöhung hatte der Gemeinderat vorgeschlagen, um die sich anhäufenden Schulden der Gemeinde zu begrenzen.
Die Variante 1 (mit Steuererhöhung) wurde nun aber mit 484 Ja- zu 1931 Nein-Stimmen, das heisst mit nur 20 Prozent Ja-Stimmen, wuchtig verworfen. Variante 2 (mit unveränderter Steueranlage) wurde dagegen mit 1814 Ja- zu 514 Nein-Stimmen angenommen. Dies entspricht 77,9 Prozent der Stimmen.
Sanierungen führen zu Verschuldung
Diverse grössere Arbeiten wie etwa die Sanierung der Rinderwaldstrasse, die Erweiterung des Widi-Schulhauses, der neue Werkhof oder die Turnhallensanierung reissen ein erhebliches Loch in die Gemeindekasse. Im Finanzplan 2021–2026 summieren sich die Nettoinvestitionen auf 29,4 Millionen Franken (wir berichteten).
Die beiden ortsstärksten Parteien SVP und Liberale Frutigen hatten gegen die Steuererhöhung gekämpft. Hans Schmid, Mitglied der SVP und gleichzeitig Gemeinderatspräsident, zeigt Verständnis für beide Seiten: «Unsere Bürger haben klar entschieden und uns einen Auftrag gegeben. Der Gemeinderat muss nun nochmals über die Bücher gehen.»
«Zusätzliche Herausforderung»
Mit einer Steuererhöhung wären der Gemeinde Frutigen rund 663’000 Franken mehr zur Verfügung gestanden. Nun, da die Vorlage abgelehnt wurde, werden die Schulden wohl anwachsen. «Gemäss Finanzplan würden die Schulden bis ins Jahr 2025 auf etwa 35,6 Millionen anwachsen», erklärt Schmid. «Das wird so aber nicht passieren dürfen. Wir müssen die Ausgaben sowie die Einnahmen nochmals gut überprüfen.»
«Der Gürtel muss enger geschnallt werden.»
Der Gemeinderat sei nun angehalten, nur die wirklich notwendigen Investitionen zu tätigen. Dafür sei zunächst eine neue Standortbestimmung nötig. «Klar ist: Wir sind finanziell in der falschen Richtung unterwegs», bilanziert Schmid selbstkritisch. «Dass die Steuererhöhung abgelehnt wurde, bedeutet eine zusätzliche Herausforderung für den Gemeinderat. Der Gürtel muss enger geschnallt werden.»
Am Sonntag wurden die Einwohnenden Frutigens für die Abstimmung über insgesamt vier Vorlagen an die Urne gebeten (vgl. Infobox). Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Herbst-Gemeindeversammlung vom 7. Dezember 2021 abgesagt und deren Abstimmungen auf den 13. Februar 2022 verlegt.
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