Sorge um die Sicherheitslage in Libyen wächst
Die Regierung konnte zwar den von Milizionären besetzten Flughafen in Tripolis zurückerobern. Doch der Zwischenfall kurz vor der ersten freien Wahl seit der Ära Ghadhafi lässt nichts Gutes erahnen.

Bereits vor dem Sturm auf den Flughafen hatten sich einige Vertreter der libyschen Behörden angesichts der unsicheren Lage in Tripolis und anderen Städten zur Möglichkeit einer Verschiebung der für 19. Juni geplanten Wahl zur Verfassunggebenden Versammlung geäussert. Im nach Autonomie strebenden Osten des Landes gab es Boykottaufrufe für die erste freie Wahl seit der Machtübernahme von Muammar al-Ghadhafi im Jahr 1969.
Auch nachdem der regierende Übergangsrat wieder die Kontrolle über den Flughafen erlangt hatte, strichen die meisten Fluggesellschaften ihre Flüge. Darunter auch jenen von Grünen-Chefin Claudia Roth, die ihren Libyen-Besuch dadurch voraussichtlich unfreiwillig verlängern muss. Ursprünglich wollte Roth am Dienstagabend von Tripolis aus zu politischen Gesprächen nach Tunis weiterfliegen.
Die Situation im Land sei sehr fragil, sagte Roth der Nachrichtenagentur dapd vor Ort. Es gebe viele Waffen und aktive Milizen im Land. Für stabile Sicherheitsverhältnisse zu sorgen, sei die grösste Herausforderung der libyschen Führung.
Übergangsrat gibt sich zuversichtlich
Die Besetzung des Flughafens sei jedenfalls gut gemeistert worden, argumentierte die Übergangsregierung. «Der Angriff auf den Flughafen ist gefährlich, aber wir sind als Regierung, Militär und Revolutionäre intelligent damit umgegangen», sagte der Vorsitzende des Übergangsrats, Mustafa Abdul-Dschalil, dem Fernsehsender al-Jazeera . Der Flughafen sei besetzt worden, weil er «eine strategische Einrichtung» sei. Es werde nicht noch einmal vorkommen, dass er der Kontrolle der Regierung entrissen werde.
Auf Fragen, wie der Flughafen am Montagnachmittag mit solcher Leichtigkeit überrannt werden konnte, antwortete Abdul-Dschalil nicht und erklärte lediglich, man müsse «friedlich und diplomatisch» mit den verschiedenen Problemen des Landes umgehen.
Die Flüge mussten nach offiziellen Angaben kurzfristig auf den kleineren Flughafen Metiga im Stadtzentrum umgeleitet werden. Die Angreifer seien aus der Stadt Tarhuma im Zentrum des Landes gekommen, sagte ein Mitglied des Sicherheitskomitees von Tripolis, Mohammed el Gharjani. Abdul-Dschalil und er sagten übereinstimmend, die angreifenden Milizionäre seien über die Verhaftung ihres Führers Abu Elidscha al Habischi durch libysche Sicherheitskräfte am Vortag empört gewesen.
Zusammenstösse zwischen Rebellen und Ghadhafi-Anhängern
In Tarhuma leben die Angehörigen des gleichnamigen Volksstammes, die unter der HerrschaftGhadhafis zahlreiche Positionen in den libyschen Streitkräften innehatten. Seit Ghadhafis Sturz im August vergangenen Jahres kommt es immer wieder zu Zusammenstössen zwischen Stämmen und Angehörigen der früheren Rebellen. Ghadhafi wurde am 20. Oktober 2011 getötet. Die Tarhuma waren in den vergangenen Monaten in sporadische Auseinandersetzungen mit Milizen aus Tripolis und Misrata verwickelt.
Die Grünen-Vorsitzende Roth beklagte bei ihrem Besuch, dass Libyen nach dem Tod von Ghadhafi wieder aus dem Fokus der Öffentlichkeit und der Politik verschwunden sei. «Das ist gefährlich falsch», sagte sie und warnte vor einem «Krisen-Hopping», bei dem die Aufmerksamkeit immer gleich auf die nächste Konfliktregion gerichtet werde. «Die Ghadhafi-Unterstützer sind nicht von einem Tag auf den anderen verschwunden», betonte Roth.
dapd/fko
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