Inkognito: Raten Sie mit!Sie kürzte sich den eigenen Lohn
Wer ist die Berner Kaderfrau, die wirtschaftliches Wachstum mit Ethik und Nachhaltigkeit vereint?

Sie als «Bernerin» zu bezeichnen, ist etwas gewagt, doch die gebürtige Aargauerin nimmt immerhin eine der einflussreichsten Positionen im kantonalen Wirtschaftsleben ein. Im Lauf ihrer Karriere hat sie immer wieder unorthodoxe Entscheidungen gefällt. Als sie beispielsweise ihre heutige Führungsposition antrat, senkte sie als eine der ersten Amtshandlungen ihren Lohn – um rund ein Drittel im Vergleich zum Vorgänger. «Ich wollte ein Zeichen setzen», sagte sie dazu in der «Handelszeitung».
Die einen waren begeistert von ihrem Statement gegen exzessive Saläre, andere interpretieren den Akt hinter vorgehaltener Hand als Schwäche, als typisches weibliches Sich-klein-Machen – und natürlich gab es auch Diskussionen, weil plötzlich die Löhne ihrer Kollegen unter Druck standen. Mit Vorurteilen und Unverständnis hatte die heute 61-Jährige immer wieder zu kämpfen gehabt – und am Ende mit Kompetenz und Hartnäckigkeit überzeugt.
Das gelang ihr etwa, als sie nach ihrem Studium an der Universität St. Gallen und einem steilen Aufstieg in der Bankenwelt 1995 zur ersten weiblichen Chefin der Schweizer Börse wurde. Ein geschlagenes halbes Jahr musste sie verhandeln, bis sie den Posten mit einem Teilzeitpensum von 80 Prozent bekam, denn damals waren Teilzeitstellen in Kaderpositionen fast undenkbar.
Den freien Tag wollte sie mit ihrem Sohn verbringen. Später erzählten die beiden in einem gemeinsamen SRF-Interview, wie der 6-Jährige sogar bei der Terminplanung seiner Mutter mitreden durfte. So fragte sie ihn, wie viele Abende pro Woche sie ausser Haus verbringen dürfe. Er fand, einmal sei genug. Wichtig war ihr auch, ihrem Sohn regelmässig vor dem Einschlafen vorzulesen. Das habe sie geschafft, indem sie «mit der kostbaren Ressource Zeit stets achtsam umgegangen» sei, erzählte sie Tamedia.
Immer wichtiger wurde ihr im Lauf der Zeit die Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt. Deshalb gründete sie 2006 eine unabhängige Vermögensverwaltungsgesellschaft, die sie auch heute noch leitet. Sie legt dabei den Fokus auf Anlagen, die finanziell solid sind und eine nachhaltige Lebensqualität fördern. Das klang damals – vor 14 Jahren – für viele noch eher esoterisch als zukunftsweisend. Im Rückblick hat sie recht behalten – ihre Firma gehört heute zu den grössten Vermögensverwaltern der Schweiz. Kein Wunder, machte sich die Finanzexpertin auch für die Grundanliegen der Konzernverantwortungsinitiative stark.
Wer ist die Frau, die zu den wenigen Schweizerinnen gehört, die regelmässig für Spitzenämter in der Finanzindustrie angefragt werden?
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