Er wurde nicht müde, es zu betonen: sein Abgang sei komplett freiwillig, niemand habe Druck auf ihn ausgeübt, sagte der abtretende Thorberg-Direktor Thomas Egger am Dienstag vor den Medien mehrmals. Die krampfhafte Betonung dessen, die Vorgeschichte sowie sein fortgeschrittenes Alter von 56 Jahren lassen an dieser Darstellung jedoch Zweifel aufkommen.
Letztlich spielt es aber gar keine grosse Rolle, ob der Abgang tatsächlich freiwillig erfolgt ist oder nicht. Klar ist: Der Thorberg kann von diesem Schritt nur profitieren. Mit Egger an der Spitze würde das Berner Krisen-Gefängnis wohl noch lange nicht zur Ruhe kommen.
Man muss Egger zugute halten, dass er Ende 2014, als er den Direktorenposten von Georges Caccivio übernommen hat, ein Gefängnis mit diversen Baustellen angetroffen hat. Diese hatte nicht Egger zu verschulden, sondern die Leute vor ihm.
Die darauf folgende Reorganisation allerdings trägt seine Handschrift. Und Fakt ist, dass die Zufriedenheit unter den Angestellten noch weiter abnahm und das Betriebsklima gemäss einer Mitarbeiterbefragung sehr schlecht ist. Das gipfelte Ende letzten Jahres schliesslich darin, dass Egger einen Coach zur Seite gestellt bekam.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt war Egger angezählt. Zwar ist es Polizeidirektor Philippe Müller anzurechnen, dass er den Thorberg-Direktor damals nicht einfach vor die Tür gestellt hat. Tatsächlich aber kam die Einstellung eines Coaches einem Misstrauensvotum gleich, das sowohl beim Personal als auch den Insassen zwangsläufig wahrgenommen worden ist.
Daniel Wyrsch vom bernischen Staatspersonalverband fragte Ende 2018 zu recht: Wie soll ein Gefängnisdirektor, der selber Betreuung braucht, von den Insassen noch respektiert werden? In einem derart sensiblen Bereich wie dem Strafvollzug ist Respekt aber unumgänglich. Kommt nun hinzu, dass das Coaching während den letzten Monaten weiteren Handlungsbedarf aufgezeigt hat.
Gemeinsame Werte, eine offene Diskussionskultur oder auch ein gesunder Umgang mit Kritik können aber nicht von jemandem implementiert werden, der in den letzten fünf Jahren mitverantwortlich dafür war, dass genau das fehlte. Der Abgang von Thomas Egger ist somit die logische Konsequenz – freiwillig oder nicht. Jetzt müssen aber auch die Angestellten beweisen, dass es ihnen unter einem neuen Chef auch tatsächlich ernst ist mit einem Kulturwandel.
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Richtige Entscheidung
Thorberg-Direktor Thomas Egger geht. Die Strafanstalt kann von diesem Schritt nur profitieren. Ein Kommentar von BZ-Redaktor Marius Aschwanden.