FotografieReisende mit viel Gepäck
Leute stehen an Bahnhöfen bereit zur Abreise. Sie sind Saisonniers, Fremdarbeiter. Das war Anfang der 80er-Jahre. Fotos erinnern daran, wie das war.

Bilder aus dem BZ-Archiv: Die Düfte von Pasta und unbekannten Mahlzeiten, die ganz anders rochen als jene, die wir kochten, und vor allem die Bilder von den Saisonniers, die immer im Dezember in unglaublich grosser Zahl zurückreisten in ihre Herkunftsländer und -orte, sind unvergessliche und prägende Kindheitserinnerungen.
Ich liebte es, dem Beladen der Züge zuzuschauen. Was für ein Schauspiel! Wie fröhlich und wie seltsam und traurig.
Was man nicht sieht: Für den Familiennachzug musste ein Saisonnier fünf Jahre lang das volle Pensum in der Schweiz arbeiten. Volles Pensum hiess bis 1973 elfeinhalb Monate, danach neun Monate. Fehlte ihm nur ein einziger Tag oder zwei, wurde das Recht aberkannt. Manche nahmen ihre Familien trotzdem mit in die Schweiz und versteckten Frau und Kinder.
Damit ein Saisonnier eine Niederlassungsbewilligung beantragen konnte, musste er sogar zehn Jahre lang das volle Pensum in der Schweiz gearbeitet haben. Es war ihnen nicht erlaubt, den Kanton oder Arbeitgeber zu wechseln.
Kantone und Branchen betrieben jedoch einen undurchsichtigen Wettbewerb um die begehrten Arbeitskräfte. Die Wirtschaft konnte nicht genug von ihnen bekommen, die Gesellschaft fand zu einem grossen Teil, es wären zu viele.
An Weihnachten fuhren dann fast alle nach Hause. In den 70er-Jahren brachten jährlich zwischen fünfzig und sechzig Extrazüge der SBB die Saisonniers zurück in ihre Heimat.



