Klassenschliessung bewegt die Gemüter
Die Oberstufenklasse Winklen geht zu, die Schüler werden in die Oberstufenschule integriert. Dies beschloss die Frutiger Gemeindeversammlung.

In weiser Voraussicht hatten die Frutiger Behörden für die ausserordentliche Gemeindeversammlung (GV) vom letzten Freitagabend den Versammlungsort in die grosse Widihalle verlegt. 600 Stühle waren aufgereiht, und die reichten bei weitem nicht aus. Eine Frau fragte schon in die Runde: «Müssen wir stehend an der Versammlung teilnehmen?»
In aller Eile wurden Stühle herbeigeschafft, und der Gemeindepräsident Faustus Furrer bat die Schwyzerörgeligruppe der Musikschule zur Unterhaltung auf die Bühne. Er war erstaunt über den Grossaufmarsch: «Man könnte meinen, es ginge um ein Millionenprojekt.»
Mit einer kurzen Verspätung wurde die GV begonnen, wobei Furrer bedauerte, dass im Vorfeld «der Tonfall der Diskussionen nicht stimmte», und er zitierte Beispiele von Stellungnahmen, die an ihn gerichtet waren. «Wir brauchen die Schulen der Aussenbezirke und auch jene im Dorf», stellte er klar und ermahnte die rekordverdächtige Anzahl von 884 Stimmberechtigten zur Mässigung und Fairness bei ihren Voten.
Mit der Einladung zu einem Infoabend Anfang Februar hatte der Gemeinderat angekündigt, er habe aufgrund «einer Wiedererwägung und Neubeurteilung» seinen Beschluss vom Dezember 2018 revidiert und wolle die Oberstufe (7.–9. Klasse) im Schulhaus Winklen per 31. Juli 2019 schliessen. Das letzte Wort werde an der ausserordentlichen GV vom 1. März 2019 gesprochen.
Dieser aufsehenerregenden Ankündigung folgte eine heftige Diskussion von Eltern, Lehrkräften und Behörden. Klassenschliessungen und Klasseneröffnungen sind komplexe Themen, die in besonderem Masse polarisieren. Dies weiss auch der Gemeindepräsident und hatte sich in die Problematik vertieft. Er gab zu: «Das isch kompliziert, da chunsch net drus.»
10 Stellenprozent fallen weg
Am Freitag wurden die Schülerzahlen und Richtlinien in den nächsten Jahren analysiert, mit Grafiken erhärtet und mitgeteilt, dass gegenwärtig eine zusätzliche Klasse nicht bewilligt werde. Es gab viele sachliche Wortmeldungen für und wider Schulen im Zentrum und in den Aussenbezirken, wichtig sei Vernunft, das Vorleben, eine harmonische Zusammenarbeit, Solidarität gegenüber den Lehrkräften, das Mitnehmen aller Schulkinder, das Lernen und das gute Gedeihen der Schüler für einen gut gerüsteten Start ins Erwachsenenleben, weil die Anforderungen immer steigen werden. Der Mangel an Lehrkräften könnte zum Problem werden, besonders bei den schon jetzt allzu grossen Klassen.
Die geheime Abstimmung kam wie in der Gemeindeordnung Frutigen im Anhang 3 vorgeschrieben mit über einem Viertel Stimmen zustande, die Zettel wurden ausgeteilt, eingezogen, zweimal gezählt und das Resultat bekannt gegeben: total stimmberechtigte Personen 884, gültig 872, davon 445 Ja und 427 Nein. Damit wird dem Antrag des Gemeinderats gefolgt und die Oberstufe (7.–9. Klasse) im Schulhaus Winklen per 31. Juli geschlossen.
Dabei gibt es Vorteile: An der OSS wird Niveauunterricht angeboten, es gibt Wahlfachangebote, die Verpflegung der Auswärtigen ist geregelt, der Schulweg zumutbar. An der OSS muss keine Klasse geschlossen, aber Schüler umverteilt werden. Für die Oberstufenschüler in Winklen heisst das, Schulhaus wechseln, die Schule verliert eine Klasse, die Schulleitung Bäuert 10 Stellenprozent inklusive Lehrkraft.
Einstellhalle gegen Zinsen
Beim zweiten Traktandum mochte sich niemand mehr äussern, und der Souverän stimmte bei einzelnen Gegenstimmen zu. Worum gings? Die Genossenschaft Kurszentrum Holzbau Berner Oberland möchte entgegen einer ersten Vereinbarung die Einstellhalle beim Projekt Neubau ÜK-Zentrum selbst nutzen.
Dafür wird das ursprünglich zinslose Darlehen der Gemeinde Frutigen von 1,2 Millionen Franken nun doch verzinst (bei aktuell 2 Prozent sind das 24'000 Franken). Das Kaufrecht der Gemeinde wird gelöscht. Diese nun beschlossene Sachverhaltsänderung soll ab dem 1. April in Kraft treten.
Die nächste Gemeindeversammlung findet am Montag, 3. Juni, statt. Dann wieder im Kirchgemeindehaus, wo der Platz reichen sollte, wie Faustus Furrer schmunzelnd sagte.
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