Ostermundigen sucht seine Identität
Alte Häuser weichen neuen Überbauungen: Ostermundigen wird sich in nächster Zeit ziemlich verändern. In welche Richtung es gehen könnte, zeigt die O'mundo-Ausstellung.

Wer sind wir? Wohin wollen wir? Das sind die grossen Fragen, die nicht nur Menschen beschäftigen, sondern auch Gemeinden. Zum Beispiel Ostermundigen. Nach den Sommerferien hat die fünftgrösste Gemeinde des Kantons ihre Ortsplanungsrevision gestartet. Um die Bevölkerung zum Mitmachen zu animieren, betreiben die Gemeindebehörden seither einigen Aufwand.
Sie haben ein eigenes Label – O'mundo – kreiert, eine Kommunikationsagentur engagiert, Diskussionen in den sozialen Medien lanciert und insgesamt fünf Quartierapéros organisiert. Dort machten sich die Bürgerinnen und Bürger als Erstes Gedanken darüber, was Ostermundigen heute ist. Es entstanden elf Thesen. Zum Beispiel diese:
«Ostermundigen ringt mit der eigenen Identität. War man je ein Dorf? Ist man jetzt eine Stadt? Beides stimmt nur bedingt. Je mehr Stadt man von Ostermundigen erwartet, umso mehr Dorf möchten die Bewohner dafür als Sicherheit bekommen.»
Die Bernstrasse als Rückgrat
«Wir sind Agglo», sagt Gemeindepräsident Thomas Iten (parteilos). Auch die Raumplaner haben sich Gedanken zur Siedlungsstruktur gemacht. Sie nehmen das Gebiet westlich der Bahnlinie als Stadtteil von Bern wahr. Den Bereich um die Bernstrasse sehen sie als «Kleinstadt mit kleinteiliger, aber dichter Struktur».
Dahinter beginnt das Dorf. Eine zentrale Bedeutung kommt der Bernstrasse zu: «Sie ist das Rückgrat der Gemeinde», erklärt Iten. Deshalb wird sich Ostermundigen namentlich entlang dieser Achse entwickeln, insbesondere an den drei Hotspots Bahnhofgebiet, Dreieck (Kreuzung Bernstrasse-Zollgasse) und Tell-Areal.
Wie könnten diese Hotspots in Zukunft aussehen? In der O'mundo-Ausstellung, die am Samstag im ehemaligen Möbelhaus Lobsiger stattfindet, sind jeweils drei Szenarien skizziert. Das Bestehende erhalten. Das Bestehende erweitern. Oder das Bestehende abreissen und das Gebiet neu bebauen.
Neue Perspektiven
«Ostermundigen hat eine Menge Platz gemacht für Zuzüger und Neubauten. Nun aber ist genug. Man kann nicht dauernd wachsen. Jetzt geht es um die Lebensqualität und das Dorfgefühl.»
Diese These zeigt: Das Wachstum bereitet vielen Menschen Sorge. Das weiss auch Thomas Iten. Für ihn ist aber klar, dass Ostermundigen nicht darum herumkommt, sich zu entwickeln.
Schon heute hat die Gemeinde einen höheren Anteil Sozialhilfeempfänger als die meisten anderen Orte im Kanton. Es gibt Hausbesitzer, die hohe Gewinne erwirtschaften, indem sie wenig Geld in den Unterhalt ihrer Liegenschaft investieren und die Wohnungen möglichst an Sozialhilfebezüger vergeben, deren Miete die öffentliche Hand zahlt.
Mit der Ortsplanungsrevision will die Gemeinde Anreize schaffen, in Sanierungen, Erweiterungen und Neubauten zu investieren. Auf diese Weise sollen finanzkräftigere Zuzüger angezogen werden, die Steuern zahlen. Doch will die Bevölkerung überhaupt, dass sich die soziale Struktur in der Gemeinde in diese Richtung verändert? Dazu entstand an den Quartierapéros folgende These:
«Ostermundigen ist eine Integrationsmaschine. Man kommt hier an, arbeitet, integriert sich und integriert andere. Solange dieses Geben und Nehmen klappt, funktioniert es im Dorf. Der Reichtum an Ideen und Erfahrungen macht den Ort stark.»
Ein langer Prozess
Die Thesen und Ideen, die in der O'mundo-Ausstellung zu sehen sind, werden zu reden geben. «Ja, ich hoffe es», sagt Thomas Iten. Denn noch hat die Ortsplanungsrevision, so sehr sich die Gemeindebehörden und die Kommunikationsprofis bemüht haben, noch nicht die gewünschte Massenwirkung. Ausser Iten selbst verwenden bisher erst wenige den Hashtag #o_mundo_mundigen.
Immerhin haben sich an den Quartierapéros 40 sogenannte Beobachterinnen und Beobachter gemeldet. Sie sollen im weiteren Verlauf der Ortsplanungsrevision immer wieder die Sicht von aussen einbringen. Alle Bevölkerungsschichten sind aber auch hier nicht vertreten. «Alle zu erreichen, ist gar nicht möglich», sagt der Gemeindepräsident. «Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, haben andere Sorgen als die Ortsplanungsrevision.»
Thomas Iten gibt die Hoffnung aber nicht auf. Sobald die Planung konkreter werde, steige die persönliche Betroffenheit der Leute – und damit auch ihr Interesse am Thema, erklärt er. Die konkrete Phase, in welcher der Zonenplan und das Baureglement überarbeitet werden, beginnt voraussichtlich im Jahr 2020.
Ausstellung: Samstag, 9. Dezember, 10 bis 16 Uhr, im Ladenlokal an der Bernstrasse 34/36.
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