Musiker reissen die Grenzen nieder
Die Berner Jazzwerkstatt ist das Versuchslabor des aktuellen Jazzschaffens. Besonders das, was sich in den Randbereichen des Jazz tut, bekommt hier eine Bühne. Dieses Jahr nehmen Projekte in den Weiten zwischen Jazz und Klassik viel Platz ein.

Die Berner Jazzwerkstatt ist das Versuchslabor des aktuellen Jazzschaffens. Besonders das, was sich in den Randbereichen des Jazz tut, bekommt hier eine Bühne. Dieses Jahr nehmen Projekte in den Weiten zwischen Jazz und Klassik viel Platz ein. Der Versuchsaufbau ist bekannt, was herauskommen müsste theoretisch durchgerechnet. Doch ob ein Experiment auch wirklich gelingt, zeigt sich erst in der praktischen Durchführung. So funktioniert das Labor. Und so funktioniert die Jazzwerkstatt Bern.
Welche Experimente gelingen, lässt sich erst am Sonntag sagen. Was das umfangreiche Programm des fünftägigen Festivals jedoch schon jetzt verrät: Es gibt Ideen, die die Musikerinnen und Musiker besonders umtreiben, weil mehrere sie in irgendeiner Form ausprobieren während der Jazzwerkstatt.
Wenn man also dieses Festival als Seismografen für den aktuellen Jazz nimmt, so ist derzeit das grosse Ding die Verbindung zwischen Jazz und verschiedenen Formen klassischer Musik – obwohl sich diese Genregrenzen sowieso seit längerer Zeit verschieben. Und die beiden Schubladen Jazz und Klassik sind nur noch ein vager Hinweis, wer sich in welche Tradition einschreibt. Das hat weniger musikalisch-künstlerische Folgen, als dass es entscheidet, wer wo auftreten darf und wer woher Gelder kriegt.
Obsolete Stilfragen
Das HKB Large Ensemble ist die erste Formation, die diese Genregrenzen einreisst. Bestehend aus Studierenden und einigen Ehemaligen der Hochschule der Künste Bern, bringt die Formation eine Suite des Komponisten Michael Wertmüller zur Aufführung. Wertmüller selbst steht exemplarisch dafür, dass die Frage Klassik oder Jazz obsolet ist. Er schreibt für Sinfonieorchester und Opernensembles wie auch für Bands wie Steamboat Switzerland.
Und dann ist da Dejan Terzic: Der Schlagzeuger hat sein Quartett Melanoia um ein Streichquartett ergänzt. Das Quatuor IXI aus Paris hat seit seinen Anfängen vor 20 Jahren allerdings weder Bach noch Beethoven gespielt, sondern zeitgenössische Komponisten wie Dominique Pifarély oder Antoine Hervé. An der Jazzwerkstatt wird es Luzia von Wyl sein. Die Luzerner Komponistin hat für Dejan Terzics Melanoia und das Quatuor IXI ein Werk geschrieben.
Der Charlie Parker der Klassik
Und drittens ist das Konzert von Rudolf Lutz und Mara Miribung zu erwähnen. Während die vorher genannten Formationen von der Tradition des Jazz herkommen, haben diese beiden ihre Wurzeln in der Klassik.
Miribung hat Violoncello studiert und sich auf das Barockcello spezialisiert. Der St.Galler Organist, Cembalist und Komponist Rudolf Lutz unterrichtet in Basel an der Hochschule für Alte Musik das Fach Improvisation.
Ja, richtig gelesen: Improvisation ist keine Erfindung des Jazz. Speziell im Barock wurde improvisiert, was das Zeug hielt. Bach war also, wenn man so will, der Charlie Parker der Klassik. Rudolf Lutz und Mara Miribung zeigen, wie Improvisation in der klassischen Musik klingt. Gerade dieses Konzert macht klar, dass Genregrenzen und Schubladendenken musikalisch und künstlerisch noch nie viel Sinn machten.
8. Berner Jazzwerkstatt: Mi, 25. Februar, bis So, 1. März. Turnhalle im Progr Bern. Konzerte jeweils 20 Uhr, am Sonntag ab 15.30 Uhr. www.jazzwerkstatt.ch
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