Tee - in Bern und im Tessin
In vino veritas – im Wein liegt die Wahrheit? Vielleicht liegt sie aber auch im Tee – in jenem, der auf dem Monte Verità im Tessin gewonnen wird. Neu von einer Berner Familie.
Man trinkt den Tee, um den Lärm der Welt zu vergessen.*
Es war im Jahr 2005, als der Luzerner Peter Oppliger auf dem Monte Verità seine Vision verwirklichte, nämlich, auf dem Hügel oberhalb von Locarno, auf dem schon so mancher Traum erprobt wurde, japanischen Grüntee anzupflanzen. 1000 Pflanzen der immergrünen Camellia sinensis hat der ehemalige Drogist und Teeliebhaber, Heilpflanzenspezialist und Buchautor Oppliger im feuchten subtropischen Mikroklima des Lago Maggiore damals angepflanzt.
Doch war es nicht nur der Tee an sich, der ihn interessierte. Die fernöstliche Welt der Rituale und Mythen faszinierte ihn gleichermassen. In der Teezeremonie, wie sie die Japaner zelebrieren, fand er die Grundregeln des Lebens, und so begann er, diese Kultur auch auf dem Berg der Wahrheit aufleben zu lassen.
In der Welt des Tees sind auch Katrin und Gerhard Lange zu Hause. Seit 1983 betreiben die beiden in Bern das Teefachgeschäft Länggass-Tee, das mittlerweile als Familienbetrieb zum Kompetenzzentrum im Bereich des Tees geworden ist, unter anderem auch Teekurse sowie -reisen anbietet und ein Team von 50 Mitarbeitenden beschäftigt. In ihnen hat Peter Oppliger würdige Nachfolger für seine Teewelt auf dem Monte Verità gefunden. Anfang Jahr haben die beiden die Casa del Tè auf dem Hügel und das Geschäft in Ascona in der Galleria Carrà von ihm übernommen.
Ein Bad erfrischt den Körper, eine Tasse Tee den Geist.*
Es ist eine glückliche Fügung der Umstände, denn bei Familie Lange steht die Geschäftsübergabe an die nächste Generation irgendwo im Raum. Von Kindesbeinen an haben sich die vier Söhne mit dem Teegeschäft vertraut gemacht – haben Tee im wahrsten Sinn bereits mit der Muttermilch aufgesogen –, so erstaunt es wenig, dass sie und ihre Familien ebenfalls in den Betrieb involviert waren und teils heute noch sind. Die Eltern wollen den Jungen Raum geben. Und plötzlich stand da nun Peter Oppligers Geschäft zum Verkauf. Was wäre also nähergelegen, als sich diesen Wechsel zu überlegen?
Tee erleuchtet den Verstand, schärft die Sinne, verleiht Leichtigkeit und Energie und vertreibt Langeweile und Verdruss.*
Noch pendelt aber Katrin Lange zwischen Bern und Ascona hin und her. So lange, bis geklärt ist, wie die nähere Zukunft bei Länggass-Tee aussehen wird, denn so eine Übergabe gestaltet sich nicht unkompliziert. Trotzdem hat sie klare Vorstellungen davon, wie sich das Teehaus auf dem Monte Verità weiterentwickeln soll und welche Grundzüge bestehen bleiben sollen.
«Hier soll man ungezwungen einkehren können. In Ruhe eine Tasse Tee und eine Pause geniessen können – mit oder ohne philosophischen Hintergrund, um Wissen abholen zu können oder auch nicht, einfach je nach Lust und Laune.» Natürlich geht es bei der Zukunftsplanung auch um wirtschaftliche Aspekte. «Wir wollen auch hier Kurse und ein gehaltvolles Kulturprogramm rund um das Thema Tee organisieren und ein erlesenes Teesortiment mit Raritäten anbieten. Auch wollen wir die Einheimischen ansprechen und nicht ausschliesslich Touristenattraktion sein.»
Der Weg zum Himmel führt an der Teekanne vorbei.*
Eine Attraktion ist sicher die Teeplantage – es ist eine der ganz wenigen in Europa –, aber nicht wegen der Qualität des auf dem Berg gewonnenen Produkts, obwohl es geradezu Seltenheitswert aufweist. «Die Plantage ist ein Schaugarten, bestens geeignet für die Veranschaulichung von Anbau, Gewinnung und Verarbeitung von Tee», sagt Katrin Lange. Mit einem Qualitätstee könne der hier geerntete Tee jedoch nicht mithalten.
«Hier soll man ungezwungen einkehren können.»
Auch sei der Ertrag, knapp drei Kilo pro Ernte, nicht hoch genug, damit man ihn im Laden anbieten kann. Lange: «Natürlich überlegen wir uns auch, die Plantage noch etwas auszubauen. Wir sind zwar Teekenner, vom Anbau aber verstehen wir wenig, daher pflegen wir gerne die Kontakte von Peter Oppliger weiter, sowohl zu einem Kamelienspezialisten wie auch zu den Leitern des geplanten Nationalparks.» Es sei angedacht, in den Tälern weitere Plantagen anzulegen.
Wenn Leute zwei Stunden lang Bier trinken, erzählen sie nur Blödsinn – wenn sie zwanzig Minuten lang Tee trinken, träumen sie.*
Tee passe gut auf den Monte Verità, findet Katrin Lange: «Hier, wo die tektonischen Platten von Ost und West zusammentreffen und durch den Gotthardtunnel Nord und Süd verbunden sind, ist der richtige Ort, um sowohl Verbundenheit als auch Offenheit zu zelebrieren.» Die Teezeremonie passe dabei ausgezeichnet. Und bezeichnenderweise sei es nicht das Naheliegende, sondern oft gerade das Fremde, das die Möglichkeit bietet, dass man es spannend findet.
So seien diese Zeremonien auch für Kinder und Jugendliche eine faszinierende Angelegenheit, und Katrin Lange staunt über die Aufmerksamkeit und den Respekt, die eine lebhafte Schulklasse während so einer Sequenz aufzubringen vermag. «Die eigene Wahrheitsfindung unterstützt ausserdem unsere neu kreierte Kräuterteemischung La Verità, die speziell für diesen Ort von einem Fachmann ausgependelt und zusammengestellt worden ist.» Im Tee liegen also die Träume – und wohl auch viel Wahrheit.
br>* Sprichwörter und Redewendungen zum Tee-ma.
www.casa-del-te.ch
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