Experiment auf dem SäntisLaser führen Blitze zu Blitzableitern
Neue Versuche zeigen, dass «Blitzkanonen» Entladungen in eine gewünschte Richtung leiten können. Damit liessen sich künftig etwa Flughäfen vor Unwettern schützen.

Ein Laser kann bei einem Gewitter Blitzentladungen zu einem Blitzableiter führen. Das zeigt die Untersuchung einer internationalen Forschergruppe unter der Leitung der Universität Genf und der École Polytechnique Paris am 124 Meter hohen Telekommunikationsturm auf dem Säntis. Die Erkenntnis könnte zu einem besseren Blitzschutz für Flughäfen, Startrampen und grosse Infrastruktureinrichtungen führen, schreiben die Autoren im Fachmagazin «Nature Photonics».
Laser für den Blitzschutz einzusetzen, wurde bereits 1974 vorgeschlagen. Im Labor wurde die Führung von Blitzen durch Laser Ende der 1990er-Jahre nachgewiesen. Doch Versuche im Freien scheiterten 2004 im US-Bundesstaat New Mexico und 2011 in Singapur. Dass die Experimente am Säntis erfolgreich verliefen, führen die Wissenschaftler auf die um zwei Grössenordnungen höhere Laserpuls-Wiederholungsrate als bei den früheren Versuchen zurück. Der eingesetzte Laser strahlte Licht von etwa einem Mikrometer (Tausendstelmillimeter) Wellenlänge und mit einer Wiederholungsrate von 1000 Hertz aus.
«Beim ersten Blitzeinschlag, bei dem der Laser zum Einsatz kam, konnten wir feststellen, dass die Entladung dem Strahl fast 60 Meter folgen konnte», sagt Jean-Pierre Wolf in einer Mitteilung der Universität Genf.

Die Forscher profitierten davon, dass der Turm auf dem Säntis in den vergangenen Jahren immer wieder für Messungen an Blitzen genutzt wurde. Dieser Turm, der etwa 100-mal im Jahr vom Blitz getroffen wird, ist mit mehreren Sensoren ausgestattet, die den Blitzstrom, elektromagnetische Felder in verschiedenen Entfernungen, Röntgenstrahlen und Strahlungsquellen der Blitzentladungen messen. Die Forscher installierten zudem weitere Messgeräte und zwei Hochgeschwindigkeitskameras, die Blitzeinschläge mit bis zu 24’000 Bildern pro Sekunde aufzeichneten.
Der Blitz windet sich um den Laserstrahl
Die Kameras waren 1,4 und 5 Kilometer von der Turmspitze entfernt und lieferten nur bei guter Sicht brauchbare Ergebnisse. Dies war bei einem der vier aufgezeichneten Blitze, bei denen der Laser eingeschaltet war, der Fall. Die Kamerabilder zeigen, dass sich der Blitz auf einer Distanz von mehr als 50 Metern um den Laserstrahl herumwindet und dann in den Blitzableiter des Turms einschlägt. Der leicht geneigte Laserstrahl war so ausgerichtet, dass er der Turmspitze nahekam.
Die intensiven Laserpulse heizen die Luft stark auf, sodass viele Luftmoleküle in die kühlere Umgebung entweichen; es entsteht entlang des Laserstrahls eine Art Kanal mit sehr geringer Luftdichte, ein sogenanntes Filament. Darin ist die Luft erheblich leitfähiger als in der Umgebung, weshalb sie Blitzableitungen erleichtert. Vergleiche mit aufgezeichneten Blitzen ohne Laser zeigen, dass der Blitz durch die Führung des Lasers sehr viel zielgenauer den Blitzableiter des Turms trifft.
«Die Ergebnisse der Säntis-Versuchskampagne im Sommer 2021 liefern Indizien dafür, dass Filamente, die durch kurze und intensive Laserpulse gebildet werden, Blitzentladungen über beträchtliche Distanzen leiten können», lautet das Fazit der Studienautoren. Diese vorläufigen Ergebnisse sollten jedoch durch weitere Versuchsreihen mit neuen Konfigurationen bestätigt werden.
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