Fifty Shades of Klassik
Nach einem Beziehungsskandal meldet sich Stargeiger David Garrett wieder mit Musik zurück. Auch auf «Rock Revolution» bleibt er seiner Linie, keine Linie zu haben, treu.

Es war nicht das Jahr des David Garrett (37). Deutschlands populärster Geiger musste sich 2016 mit unschönen Schlagzeilen herumschlagen. Seine Ex-Freundin Ashley Youdan, die auch als Pornodarstellerin tätig war, verklagte Garrett wegen Körperverletzung und abnormer sexueller Praktiken, Garrett reagierte mit einer Gegenklage, der Fall ist inzwischen vor Gericht eingestellt worden. Zeit für Garrett, um nach vorn zu schauen und sich endlich wieder auf die Musik zu konzentrieren. «Rock Revolution» heisst das neue Werk des gebürtigen Aacheners.
Wie sehr wirkt mit einem Jahr Abstand das Drama nach, mit dem Sie sich 2016 abseits der Musik beschäftigen mussten? Hat Sie die Musik, die Geige, aus diesem Loch geholt?
David Garrett: Die Musik ist etwas ganz Selbstverständliches wie Atmen. Aus der Musik ziehe ich Energie, und egal, ob man im Leben eine schöne oder auch mal eine schwierige Situation hat – Musik ist immer für mich da. Natürlich hat sie geholfen.
Was haben Sie aus den Geschehnissen gelernt? Tja, was habe ich daraus gelernt? Mit Sicherheit, ein Stück weit das Privatleben noch mehr zu schützen. Ich habe einiges, auch in den Medien, sehr offen gelebt, und da hätte wohl eher der Punkt kommen müssen, an dem man sagt: Das ist privat.
Sie haben vor einem Jahr zwei sehr ausführliche und teils pikante Interviews zu der Sache gegeben. Würden Sie das noch mal so machen? Ich habe alles so gemacht, wie ich das auch im Nachhinein für richtig halte. Alles, was ich wirklich zu dem Thema sagen kann, ist: Der Fall ist abgeschlossen. Das Gerichtsverfahren gibt es nicht mehr. Und mehr will ich jetzt auch gar nicht mehr sagen. Das können Sie ja bestimmt nachvollziehen.
Also ist Ihr Ruf noch intakt? Ich finde, ich habe immer einen guten Ruf gehabt. Und hoffe, dass das auch so bleiben wird (lacht).
Ist das Sixpack auf dem Cover von «Rock Revolution» eigentlich echt? Oder haben Sie mit Photoshop nachgeholfen? Alles echt! Im Sommer hatte ich sechs Wochen kein Konzert, die Reiserei fiel weg, entsprechend war ich fast jeden Tag im Fitnessstudio.
Sie covern auf Ihrem neuen Album auch «Born in the USA». Bruce Springsteen geht auf die 70 zu und ist fit wie ein Turnschuh. Ist er ein Vorbild für Sie? Ja. Springsteen ist grossartig, in jeder Hinsicht. Er kennt sich selbst, seinen Körper und auch seine Leistungsgrenzen sehr gut, sonst kannst du das in dem Alter so nicht machen.
Sie sind mit 37 einerseits noch jung, andererseits sind Sie praktisch schon Ihr ganzes Leben lang als Profigeiger im Geschäft. Wie frisch fühlen Sie sich selbst? Ich fühle mich noch sehr fit, mir macht das alles immer noch Spass. Ich habe zum Glück überhaupt keine Zeit, über das Älterwerden nachzudenken. Sicher wird irgendwann eine Phase kommen, in der man kürzertritt, vielleicht auch die Prioritäten etwas verschiebt. Das ist bei mir im Moment noch nicht der Fall.
In welche Richtung möchten Sie die Prioritäten verschieben? Ich möchte vielleicht irgendwann mal eine Familie gründen und ein bisschen sesshafter werden. Dann werde ich das Pensum an Konzerten etwas runterfahren. Und mir vielleicht auch mal die Städte angucken, in denen ich schon oft gewesen bin, aber die ich eigentlich nie gesehen habe.
Ist «Rock Revolution» die unmittelbare Fortsetzung von «Rock Symphonies», Ihrem erfolgreichsten Album aus dem Jahr 2010? Kann man sagen, ja. Für mich war es ein Luxus, im vergangenen Jahr mal kein Album rauszubringen, davor habe ich ja neun Jahre lang jedes Jahr eine CD veröffentlicht. Ich habe mir selber sehr viel Druck gemacht, immer wieder etwas Neues auf die Beine stellen zu müssen. Aber irgendwann braucht der Kopf auch ein bisschen mehr Raum und Ruhe, um neue Ideen zu sammeln. Für «Rock Revolution» habe ich viel experimentiert, und da ich 2016 oft im Ausland gespielt habe, konnte ich mit der Band unterwegs viel ausprobieren.
Handelt es sich bei den neu interpretierten Pop- und Rockklassikern auf dem Album um Lieblingslieder von Ihnen? Ja. Ich möchte mich mit den Stücken identifizieren können. Deshalb sind alle Songs Herzensangelegenheiten von mir.
Ihre Versionen kommen ohne Text aus. Sind die Texte der Originalstücke nicht wichtig? Doch, sehr wichtig! Ich versuche anhand der Songtexte die Stimmung auf meinem Instrument zu kreieren. Jedes Wort hat für mich eine Bedeutung. «Bohemian Rhapsody» etwa hat einen leicht verrückten, aber auch sehr schönen Text. Mit wahnsinnig viel Drama drin, das ich am Instrument entsprechend zum Ausdruck bringen möchte.
Was unterscheidet das Spiel an der E-Geige von dem an der klassischen Geige? Man spielt sie ganz anders. Und vom Klang ist es ein Riesenunterschied, ob ich ein Stück auf der E-Geige oder auf der Stradivari spiele.
Macht Sie das Spiel an der E-Geige mehr zum Rock ’n’ Roller? Na ja, ich wechsle das ja immer ab. Ich spiele drei, vier Programme parallel, darunter eben sowohl Rock als auch Klassik, und zu Hause übe ich genauso akustische Geige wie elektrische Geige.
Festgelegt haben Sie sich ja ohnehin nie in der Karriere. Richtig. Je mehr man lernt, je mehr man ausprobiert, desto besser. Alles ist von Vorteil für die Fingerfertigkeit und die Musikalität. Alles, was du lernst, macht dich besser.
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