Eine Frau zwischen Glamour und Geisterwelt
Der französische Regisseur Olivier Assayas («The Clouds of Sils Maria») setzt Schauspielstar Kristen Stewart in «Personal Shopper» zwischen Luxus und Spiritismus in Szene. Das wirkt faszinierend, aber unausgegoren.
Die junge Maureen (Kristen Stewart) trägt einiges an Konflikten mit sich herum: Als Amerikanerin in Paris ist ihr Verhältnis zu Menschen ringsum nur schon aus kulturellen Gründen distanziert. Beruflich ist Maureen ein Schattenwesen: Sie kauft Luxusmode für eine Diva, welche die Kleider an ihrer Stelle in der Öffentlichkeit trägt.
Maureen mag die Welt des Glamours eigentlich nicht, pflegt eine Art Hassliebe gegenüber den sündhaft teuren Artikeln, die sie beschafft. Auch ihr Privatleben ist von einer inneren Leere geprägt: Ihr Zwillingsbruder ist unlängst aus gesundheitlichen Gründen verstorben, und Maureen ist nun alarmiert im Hinblick auf ihre eigene Lebenserwartung. Kommt hinzu: Sie fühlt sich ihrem Bruder immer noch sehr nahe (was vielleicht ihr androgynes Auftreten erklärt), und sie ist überzeugt, dass es Mittel und Wege gibt, mit dem Verstorbenen in Kontakt zu treten.
Lebende ohne Menschlichkeit
Über den Horizont eines «normalen» Geisterfilms hinaus ergeben sich aus dieser Konstellation heraus interessante Themenfelder: In ihrem Beruf bewegt sich Maureen unter Lebenden, die jede Menschlichkeit abgelegt haben (herrlich diabolisch: Nora von Waldstätten und Lars Eidinger), während sie sich die Wiedereroberung der eigenen Menschlichkeit aus dem Reich der Toten erhofft. Regisseur Olivier Assayas erklärt: «Der Film hinterfragt den Begriff des Unsichtbaren, das sich im Film auf mehrfache Weise zeigt. Die Existenz des Unsichtbaren ist wichtig für eine Figur, die trauert, und die einen Teil ihrer selbst verloren glaubt. Daher wählt sie den Weg der Einsamkeit; sie schottet sich ab.»
Die erste Hälfte von «Personal Shopper» gleist diese Elemente elegant auf: Das verstörende Charakterporträt einer entfremdeten Frau in einer kalten Welt (Kristen Stewart war nie besser) ist gekoppelt an spannende Fragen rund um Existenz und Identität – bereichert mit vielleicht übernatürlichen Vorgängen, die dem gotischen Horror des 19. Jahrhunderts entlehnt sein könnten.
Mit obskuren Verweisen
Dieses Geflecht verdichtet Assayas mit mehr oder weniger obskuren Verweisen: Die schwedische Malerin Hilma af Klint (ihre abstrakten Bilder sollen vom Okkultismus inspiriert sein) kommt zur Sprache, und auch der als Geisterbeschwörer tätig gewesene Romanautor Victor Hugo (gespielt von Chansonnier Benjamin Biolay) erhält einen Platz an der Tafel.
«Ich habe mich beim Schreiben auch von meinem Unterbewusstsein leiten lassen», sagt Assayas. Sein eigenes Unterbewusstsein war es wohl auch, das ihn davon abhielt, das Geschehen schlüssig oder auch nur halbwegs konventionell aufzulösen.
Ohne Konsequenz
Was bei Werken von David Lynch nie ein Problem war – weil seine Filme gesamthaft einer kafkaesken Traumlogik folgten – gerät in «Personal Shopper» zum Stolperstein: Man erwartet irgendeine Konsequenz, die jedoch ausbleibt.
Assayas bleibt auf halber Strecke stehen: Die materialistische Modewelt verurteilt er zwar, vergisst aber nicht, sich zuvor daran sattzusehen. Die immaterielle, okkulte Dimension hingegen zelebriert er, ohne ihre Existenz überzeugend genug behaupten zu können.«Personal Shopper»:Der Film läuft ab heute im Kino.
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