Donald Duck macht auf Goethe
Im schön aufgemachten Comicband «Hier bin ich Ente, hier darf ich's sein» verwandelt sich Donald Duck der Reihe nach in Werther, Faust und Karl Moor. Wobei von Goethes und Schillers Originalstoffen teils nur noch Spurenelemente übrig bleiben. Witzig ist es allemal.

Die legendäre Disney-Übersetzerin Dr. Erika Fuchs hat den Bewohnern von Entenhausen immer wieder Zitate aus der Weltliteratur in den Schnabel gelegt. Aber es gibt auch Zeichner, die gerne ganze Klassiker auf das gefiederte Personal ummünzen.
Vor allem italienische Künstler, die auch für «Walt Disneys Lustiges Taschenbuch» produzieren, machen sich einen Spass daraus, die Ducks in literarische Rollen zu stecken. Dass dabei keine herkömmlichen Adaptionen entstehen, versteht sich von selbst. Wenn Donald Duck und Co. in Meisterwerken der Weltliteratur auftreten, dann handelt es sich um Persiflagen.
In «Hier bin ich Ente, hier darf ich's sein» sind nun drei Goethe-Klassiker und Schillers «Die Räuber» versammelt, und zwar in den Versionen der Zeichner Guido Scala und Luciano Bottano. Den Buchumschlag im bekannten Reclam-Gelb ziert eine Persiflage auf Tischbeins berühmtes Goethe-Porträt. Statt des Dichterfürsten sitzt Dagobert Duck auf dem Stein.
In Daisylotte verliebt
«Die Leiden des jungen Ganthers» beginnen mit einer Rahmenhandlung, in der Donald Duck beim Goethe-Lesen einschläft und davon träumt, sich in ferner Zeit in Daisylotte verliebt zu haben. Mit Sturm und Drang versucht er die Schöne zu erobern. Doch als er erfährt, dass sie bereits mit Gustalbert verlobt ist, vergiesst er viele Tränen.
Natürlich bleibt der junge Ganther am Leben. Denn ab hier vermischt sich die Geschichte mit Goethes Biografie. Ganther tut nämlich genau das, was Goethe auch getan hat: Er verarbeitet seine traurige Liebe in einem Roman und landet einen Bestseller damit.
Panzerknacker statt Räuber
In «Doktor Duckenfaust I und II» schlüpft Donald in die Rolle des Faust. In der Rahmenhandlung erzählt Donald seinen Neffen Tick, Trick und Track von berühmten Vorfahren, darunter eben Doktor Duckenfaust, der seine Seele Mephistopheles verkauft hat. Mephisto wird übrigens als Einziger nicht von einer bekannten Entenfigur, sondern von einer menschenähnlichen Gestalt verkörpert.
Vermutlich wagten die Macher nicht, eine der beliebten Enten als Handlanger des Teufels zu porträtieren. Und natürlich muss Duckenfaust seine Sehnsucht nach Jugend und Allwissen auch nicht mit der Seele bezahlen. So hat die Geschichte nicht mehr viel mit Goethes Bühnenstücken «Faust I und II» zu tun. Daher enttäuschen diese zwei Comicepisoden eher.
«Donald und die Räuber» hingegen, die Bonusgeschichte in diesem Band, ähnelt schon wieder mehr Schillers Vorlage. Tick, Trick und Track schauen zu, wie ihr Grossonkel Dagobert auf der Theaterbühne den Grafen Duckmoor spielt. Donald ist in der Rolle von dessen Neffen Karl zu sehen, Gustav Gans als dessen Vetter Franz. Entgegen der literarischen Vorlage gibt es wie immer bei den Ducks keine Brüder und Väter, damit die kleinen Leser nie in Versuchung geraten, zu fragen, wie denn eigentlich Entenküken gemacht werden.
Amalia wird selbstverständlich von Daisy Duck verkörpert, und als Räuber treten die Panzerknacker auf. Lustig ist insbesondere, wenn Tick, Trick und Track wie beim Kasperlitheater dazwischenrufen, um Donald alias Karl zu warnen. Ein gelungener Abschluss dieser Zeitreise in die Klassik. Oder eben: Ente gut, alles gut.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch