Juncker plant den Euro für alle
Einen Finanzminister, den Euro für alle, einen einzigen Präsidenten: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker stellte in Strassburg seine Ziele für den Rest seiner Amtszeit vor.

Vor einem Jahr stand Jean-Claude Juncker vor einem Scherbenhaufen: Der Brexit war frisch beschlossen, in mehreren Ländern drohten EU-Feinde die Macht zu übernehmen, und über den Umgang mit der Flüchtlingskrise tobte ein offener Streit.
In der Zwischenzeit hat der Wind gedreht. Die EU-Feinde wurden zurückgedrängt, und das Chaos rund um den Brexit lässt vielerorts die Einsicht aufkommen, dass die EU eine ganz so schlechte Sache wohl doch nicht sei. «Den Wind in unseren Segeln nutzen» lautete denn auch das Motto der Rede zur Lage der Europäischen Union, die der Kommissionspräsident am Mittwoch vor dem Europäischen Parlament in Strassburg hielt.
Juncker beschrieb darin, was er noch erreichen will, bevor er im Frühling 2019 sein Amt abgibt. Wenn der 62-jährige Luxemburger nicht als der «Brexit-Präsident» in die EU-Geschichte eingehen will, muss er zumindest einige Punkte dieser To-do-Liste erfolgreich abarbeiten.
Gegen ein Euro-Parlament
Juncker will die Bedingungen dazu schaffen, dass bald sämtliche EU-Länder die Gemeinschaftswährung einführen. «Der Euro sollte mehr sein als die Währung einer Reihe ausgewählter Länder», so Juncker. Ein «Vorbereitungsinstrument» soll hier technische und finanzielle Hilfe leisten, um die Länder an den Euro heranzuführen. Bislang ist der Euro in 19 von 28 EU-Staaten offizielles Zahlungsmittel.
Juncker will ausserdem den «Mr. Euro» – einen übergeordneten Finanz- und Wirtschaftsminister für die Eurozone. Die Währungsunion liesse sich so effizienter führen. Die Schaffung eines eigenen Budgets und eines eigenen Europarlaments, wie von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gefordert, lehnt Juncker dagegen ab.
Juncker schlägt vor, das Amt des EU-Kommissionspräsidenten und jenes des EU-Ratspräsidenten zu vereinen. Die EU würde so von aussen verständlicher und handlungsfähiger werden. Er selber habe aber keine Ambitionen auf das Amt, stellte er klar. Zudem will Juncker, dass aussenpolitische Fragen und gewisse Entscheidungen zum Binnenmarkt mit Mehrheit gefällt werden können.
Für mehr Rechtsstaat . . .
«Unsere Union ist kein Staat, aber sie ist ein Rechtsstaat», sagte Juncker – auch an die Adresse Ungarns und Polens. Die Urteile des Europäischen Gerichtshofes müssten «in allen Fällen» respektiert werden. Stärken will Juncker die Rechte der Arbeitnehmer. Eine neue Arbeitsmarktbehörde soll darüber wachen, dass für gleiche Arbeit am gleichen Ort auch der gleiche Lohn bezahlt wird. Hintergrund ist der Streit um die Entsenderichtlinie. Vor allem Deutschland und Frankreich wehren sich gegen Lohndumping mit Billigarbeitskräften aus Osteuropa. Ein Türkei-EU-Beitritt komme «auf absehbare Zeit» nicht infrage.
. . . mehr Freihandel . . .
Die EU werde am Freihandel festhalten, sagte Juncker. Mit verschiedenen Staaten aus Lateinamerika werden derzeit Verhandlungen geführt, mit Australien und Neuseeland will Juncker bis zum Ende seiner Amtszeit ein Abkommen abschliessen. Dagegen will er Regeln schaffen, damit die EU ihre Interessen gegenüber fremden Investoren verteidigen kann. Juncker: «Wir sind keine naiven Freihändler.» Anlass ist die Vermutung, dass der chinesische Staat gezielt strategisch wichtige Unternehmen in Europa aufkauft.
. . . und legale Migration
Juncker sprach sich auch dafür aus, mehr legale Migration zu ermöglichen und Europa offenzuhalten. Afrika habe mehr Solidarität und auch finanzielle Hilfe verdient. Beenden will Juncker die «skandalösen Zustände in libyschen Flüchtlingslagern».
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