Mini-Serie über lesbische Liebe«Ich wäre so gern verliebt geblieben»
Die ZDFneo-Serie «Loving her» erzählt leicht und gefühlvoll aus der Perspektive einer jungen lesbischen Frau. Das ist selten im Fernsehen.

Hanna fühlt sich ausgebremst. Sie hat das Literaturstudium abgeschlossen, aber keinen Job in Aussicht. Der Pandemie-Alltag nervt, Liebeskummer auch und dann wirft der Vermieter ihre WG aus der schönen Berliner Altbauwohnung.
Jetzt kehrt sie zurück nach Bielefeld zu ihren Eltern, bis sich etwas Neues ergibt. Als sie mitten im Umzug Pizza holt, trifft sie ihre Schulliebe Franzi. Die Begegnung wirft die 25-Jährige in der Zeit zurück.
Gefühlvoll, launig, kurzweilig
In fünf Folgen lernt das Publikum jeweils eine Frau aus Hannas Vergangenheit kennen: Von der ersten grossen Liebe über die Clubbekanntschaft, Arbeitsaffäre und der obsessiven Schwärmerei bis zur gescheiterten Beziehung. Die sechste und letzte Folge ist der Protagonistin selbst gewidmet.
Konzept und Figuren sind der niederländischen Serie «Anne+» nachempfunden. «Loving her» ist kurzweilig, was an den Folgenlängen von um die zehn Minuten und dem launigen Thema liegt. Die Zwanziger als Lebensphase, die Ungewissheit und Identitätssuche konnte man schon oft im Fernsehen verfolgen. Dass eine Serie so leicht und gefühlvoll aus der Perspektive einer jungen lesbischen Frau erzählt, ist selten.
«Ich wäre so gern verliebt geblieben» sagt Hanna in Bezug auf Franzi. Aus dem Off reflektiert sie ihr Liebesleben. Der Kommentar hätte zu viel Raum einnehmen können. Doch Autorin Marlene Melchior und Co-Autorin und Regisseurin Leonie Krippendorff gelingt es, den richtigen Ton zu treffen. Und ihre Protagonistin in den entscheidenden Szenen fühlen und nicht sprechen zu lassen.
Hauptdarstellerin Banafshe Hourmazdi trägt die Geschichte. Obwohl nur kurze Sequenzen aus Hannas Beziehungen gezeigt werden, entwickelt der Zuschauer ein Gefühl für ihre liebevolle und impulsive Art und die Phasen, die sie durchlebt.
Wenig Klischees
Die Stärke der Serie liegt in der Natürlichkeit. Beiläufig und intim wird die Menstruation thematisiert. Einzig in einer Szene wird Hanna klischeehaft gefragt, ob ihrer Freundin der Penis beim Sex nicht fehle. «Ich habe grosse, kleine, dünne, dicke, genoppte, gewellte», sagt sie und entlarvt die Borniertheit.
Hanna wächst mit den Beziehungen, die sie eingeht. Sie hat Sex, liebt, trennt und verrennt sich. Durch Sängerin Anouk muss sie erkennen, dass Anhimmeln nicht Anziehung ist. Wenn Anouks Blick bei ihrer souligen Akustikversion von «Toxic» den von Hanna trifft, kann man sehen, warum sich die Studentin hoffnungslos verknallt.
«Als ich mich selbst das erste Mal in ein Mädchen verliebte, habe ich Serien über queere Frauen vermisst.»
Der Soundtrack ist nicht nur hier präzise auf die Stimmung der Szene abgestimmt. Das beginnt beim Titelsong, in dem «They're so pretty, it hurts. I'm not talking 'bout boys, I'm talking 'bout girls» der queeren Popsängerin Girl in Red zu hören ist.
Queere Serien in der Nische
«Als ich mich selbst als Teenager das erste Mal in ein Mädchen verliebte, habe ich Serien, Geschichten und Erzählungen über queere Frauen und ihre Lebenswelt vermisst», sagt Serien-Autorin Melchior zum Start von «Loving her». 2021 gibt es viele internationale Serienhits queerer Geschichten, darunter «Pose», «Euphoria» oder «It's a sin».
Im Mai zeigte die ARD mit «All you need» erstmals eine Serie mit ausschliesslich schwulen Protagonisten – in der Mediathek und bei ARD One. Nun folgt das ZDF mit «Loving her», einer TV-Produktion mit lesbischen Figuren – in der Mediathek und bei ZDFneo. Die von Melchior geforderten Stoffe gibt es heute zwar bei den Öffentlich-Rechtlichen. Jedoch immer noch nur in der Nische.
Fehler gefunden?Jetzt melden.