Was geht? Die Ausgehtipps der WocheHüpfen und nachdenken
In den Kulturtipps dieser Woche stecken viel Jazz – guter und weniger guter –, hüpfende Tänzerinnen, herbstlich gestimmte Literaten. Und in Biel wird eine Nacht lang über die Nacht nachgedacht.
Hüpfen ist auch Tanzen: «Tremble» am Festival Tanz in Bern

So haben wir uns als Kinder fortbewegt: im Hüpfschritt, entspannt durch die Gegend hopsend. Nichts mehr als das braucht der griechisch-niederländische Choreograf Andreas Hannes für sein Stück «Tremble». Unglaublich lässig sieht das aus, wenn die vier Performerinnen und Performer sich in sorgfältig choreografierten Mustern über die Bühne bewegen – passgenau zur hypnotisch pulsierenden Musik von Rival Consoles. «Tremble» ist eine der neun Produktionen des Festivals Tanz in Bern, das dieses Wochenende beginnt und nicht nur Bühnenstücke, sondern auch eine Rollschuhdisco, Tattoo-Sonntage oder thematische Inputs von Expertinnen bietet. (reg)
Dampfzentrale, Bern, ab 20. Oktober. «Tremble»: 25. Oktober, 20 Uhr, und 26. Oktober, 20.30 Uhr.
Geschüttelt, nicht gerührt: Takuya Kuroda
Japan hat weltweit den grössten Anteil an Jazzfans in Relation zur Gesamtbevölkerung, heisst es. So drohte er auch nie in müffeligen elitären Nischen Staub anzulegen. Japanische Jazzerinnen und Jazzer kannten deshalb auch keine Berührungsängste mit westlicher Popmusik. Da wird gut und gern vermischt und angereichert. Einer, der seinen Jazz auch stets gern gut geschüttelt mag, ist der angesehene und produktive Trompeter Takuya Kuroda. Er stammt aus Kobe, zog Mitte der 2000er-Jahre nach New York, studierte an der New School Jazz und war bald für einige Jahre beim honorigen Label Blue Note Records unter Vertrag. Sein sechstes Album «Fly Moon Die Soon», bei First Word Records erschienen, ist nun so ein ungestümes Amalgam aus Stilen: Jazz, Hip-Hop, Electronica, Neo Soul und von Fela Kuti inspirierter Afrobeat. Und der Funk hält das alles zusammen. (mbu)
La Spirale, Freiburg, Fr, 21. Oktober, 20.30 Uhr
Wohnhaus und Konzertlokal: «flash!» in der Genossenschaft Warmbächli

Es wäre ja irgendwie langweilig, wenn pakt bern, das Netzwerk für neue und experimentelle Musik, für seine Veranstaltungen auf gängige Lokalitäten zurückgreifen würde. Den jährlichen Anlass «flash!» führt die Organisation an immer anderen Orten durch – letztes Jahr vor und auf dem Münster sowie in der Krypta St. Peter und Paul, dieses Jahr nun in der frisch bezogenen Wohnsiedlung Warmbächli. Zu erleben sind beispielsweise Workshops im Foyer, Installationen im Treppenhaus, ein Liegekonzert im Gästezimmer oder ein musikalisch-performatives Werk zum Thema Kochen in der Wohnküche. Was ist öffentlich und was privat? «flash!» weicht die Grenzen dessen gehörig auf. (mar)
Genossenschaft Warmbächli Bern, Samstag, 22. Oktober, ab 15 Uhr
Emotion vor Virtuosität: Der Brit-Jazz-Superstar Alfa Mist
«Klingt Jazz nicht soft, geschmeidig und verschmust – so hat er bei den Jungen, Schönen, Erfolgreichen abends in der Caipirinha-Bar nichts mehr verloren», hat ein Chronist einmal in der «Süddeutschen» geschrieben. Und das war durchaus als Kritik gemeint. Vieles, was derzeit von der viel gerühmten englischen Jazzszene zu uns überschwappt, ist genau in diesem geschmeidig-soften Duktus gehalten. So auch weite Teile des Werks von Alfa Mist aus London. Der Rapper, Tastenmann und Streaming-Millionär gibt an, die Emotion der Virtuosität vorzuziehen. Das sei ihm vergönnt. Doch hätte er auf seinem neusten Album «Bring Backs» nicht den wundertollen Trompeter Johnny Woodhams an seiner Seite, würde dieser verschmuste Jazz selbst in der Caipirinha-Bar bloss ein müdes Gähnen auslösen. (ane)
Fri-Son Freiburg, Dienstag, 25.10., 19.30 Uhr
Ein Bijou der besonderen Art: Sha

«Monbijou» heisst das erste Soloalbum des Berner Musikers Sha, der unter anderem als Teil von Nik Bärtschs Ronin, The Legendary Lightness und Sha's Feckel bekannt ist. Mit Bassklarinette und Saxofon lotet der Künstler auf seiner Soloeinspielung die Klangwelten des weiten Raums im Monbijou-Brückenpfeiler aus. Shas «Bijou» klingt zeitweise atmosphärisch, luftig und mysteriös, auf der Aufnahme noch verstärkt vom langen Echo des grossen Raums. Andere Tracks wiederum wirken hypnotisierend, mit minimalistischen, repetitiven Ton- und Rhythmuspatterns, bis hin zu archaisch, begleitet von den klappernden Klappen und dem hörbaren Schnaufen des Musikers, wenn er mit der Zirkularatmung eine nicht abreissen wollende Klangwelle heranrauschen lässt. Von ihr überrollen lassen kann man sich in Shas Solokonzert im bee-flat. (mar)
Progr Bern, Mittwoch, 26. Oktober, 20 Uhr
Eine Nacht lang über die Nacht nachdenken: Nacht der 1000 Fragen
Alle zwei Jahre werden in Biel eine Nacht lang die ganz grossen Fragen verhandelt: Die «Nacht der 1000 Fragen» ist ein Festival, das in diversen Locations in der Bieler Altstadt interdisziplinäre Produktionen unterbreitet – Konzerte, Vorträge, Lesungen, Theater, Diskussionen oder Performances. Dieses Jahr ist das übergeordnete Thema die Nacht, diese Ruheinsel zwischen Tagwerk, familiären Verpflichtungen und anderen Terminen. Zwei Programmpunkte aus dem Hinterfragungsschwall seien hier herausgepickt: So geht die Sexologin Sybille Stahlberg der Frage nach, warum Sex so eng mit der Nacht verbunden ist. Und die Rapperin Alwa Alibi wird mutmasslich ihren Song «Hüt Nacht» vortragen, in dem es so schön heisst: «Chumm mir schlö ä Schibe ii / Hüt Nacht / Dass me ou hie gseht / Dass Aues i Schärbe ligt.» (ane)
Bieler Altstadt, diverse Lokale, Samstag, 22. Oktober ab 15 Uhr
Literaare Thun – Herbstlese mit Mannhart, Bänziger und Streun

Ein Kalb ist tot zur Welt gekommen und liegt im Stroh neben seiner Mutter Lentille. Plötzlich stellt sich für den Biobauer und Schriftsteller Urs Mannhart die Frage, inwiefern Tiere eine Persönlichkeit haben. Spürt Lentille diesen Schmerz? Anschaulich und nah am Tier entwirft der Essay «Lentille. Aus dem Leben einer Kuh» das Porträt einer Kuh und der achtköpfigen Herde, deren Teil sie ist. Unter den Lesenden an der diesjährigen Literaare-Herbstlese sind auch Andri Bänziger (Bild), der in seinem Erstling «Gegen Gewicht» die Geschichte einer Mutter erzählt, die unter dem Druck ihrer beeinträchtigten und eigensinnigen Tochter einen Aufbruch wagt. Die Thunerin Franziska Streun verbindet in «unlebbar» die Nachrecherchen zu ihrem Buch «Mordfall Gyger» mit dem Schicksal einer Frau, die als Kind von Männern aus demselben Kreis missbraucht wurde. (lex)
FrachtRaum Thun, Samstag, 22. Oktober, ab 13 Uhr
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