
Es geht einfach nicht vorwärts. Es will und will nicht. Seit dem 23. Januar ist Juan Guaidó Venezuelas Interimspräsident, anerkannt von den USA, den meisten Ländern Lateinamerikas und der EU. Doch reale Macht über den Staatsapparat hat der 36-jährige Oppositionelle noch immer nicht, das Militär steht weiter hinter dem sozialistischen Diktator Nicolás Maduro, und Guaidós Aufrufen, gegen dessen Regime zu demonstrieren, folgen immer weniger. Seit gut einer Woche ermittelt Venezuelas Staatsanwaltschaft ausserdem wegen «traición a la patria» gegen ihn: Verrat der Heimat.
Am Donnerstag ereilte den Oppositionellen neues Unglück: Die Nummer zwei der Regierung, der finstere Diosdado Cabello, zeigte in seiner berüchtigten Fernsehsendung «Mit der Keule zuschlagen» verfängliche Fotos. Aufgenommen wurden sie am 22. Februar. Damals fand in der kolumbianischen Grenzstadt Cúcuta ein Solidaritätskonzert zugunsten Venezuelas statt, bei dem auch internationale Stars wie Juan Luis Guerra und Juanes auftraten. Zur begeisterten Überraschung des Publikums stand plötzlich auch Guaidó auf der Bühne, obwohl ihm Maduros Regierung verboten hatte, das Land zu verlassen.
Mit dem Auto war Guaidó zuvor von Caracas an die Grenze zu Kolumbien gereist. Die andere Seite erreichte er zu Fuss auf sogenannten trochas, unbewachten Schleichwegen, ansonsten benutzt von Flüchtlingen, Drogenschmugglern, Geschäftemachern und Venezolanern, die in Kolumbien Nahrung und Medikamente kaufen. Auf einem dieser Wege liess sich Guaidó mit zwei Mitgliedern der Bande «Los Rastrojos» fotografieren – Paramilitärs und Drogendealer, eines der übelsten Verbrecherkartelle Südamerikas. «Menor» und «Brother» sind die Aliasnamen der Kriminellen, denen Guaidó die Hand auf die Schulter legte. Laut kolumbianischen Medien war «Menor» der Chef der Gruppe. Drei Monate später wurden die beiden in Kolumbien verhaftet.
Als die kompromittierenden Aufnahmen zu zirkulieren begannen, sagte Guaidós Pressesprecher: «Diese Personen haben um ein Selfie gebeten, er hatte keine Ahnung, wer sie waren. Präsident Guaidó verlangt doch keine Identitätskarte zu sehen, bevor er sich mit jemandem fotografieren lässt.» Das klingt nachvollziehbar, aber imagefördernd sind die Aufnahmen für Guaidó ganz sicher nicht. Grösser noch wurde der Schaden, als ein Sprecher der privaten kolumbianischen Menschenrechtsorganisation Fundación Progresar behauptete, Guaidós heimlicher Grenzübertritt sei mit den «Rastrojos» abgesprochen und koordiniert worden. Die NGO habe schon Ende Februar darauf hingewiesen. Laut einem kolumbianischen Oppositionellen war auch Iván Duque involviert, Kolumbiens rechtskonservativer Präsident, der international zu Maduros erbittertsten Gegnern gehört.
Die Episode strapaziert die ohnehin zerrütteten Beziehungen zwischen den beiden südamerikanischen «Bruderländern» zusätzlich. Und als sich Guaidó am Donnerstag in einem Telefongespräch mit dem kolumbianischen Sender W Radio rechtfertigen wollte, war auch das nicht möglich. Denn Venezuelas Hauptstadt Caracas wurde wieder einmal von einem Stromausfall heimgesucht.
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Guaidó gerät in Bedrängnis
Von Venezuelas Oppositionsführer sind verfängliche Fotos aufgetaucht. Die Regierung freuts.