«Grüess Gott» und «A Dieu»
länger unterwegs als die Menschen! Da ist doch
Nebst den schriftlichen Feriengrüssen gibt es ja noch das all-tägliche Grüssen auf der Strasse, ein freundliches Handzeichen aus dem Auto, Grussbotschaften von Bundesräten, offizielle Begrüssungen an Sitzungen, Tagungen und Gottesdiensten, schriftlich festgehaltene Grüsse in den Briefen der Bibel und in unzähligen andern Büchern und (Liebes-)briefen. Das Grüssen hat für unsere Beziehungen eine höhere Bedeutung, als wir vielleicht spontan denken. «Hesch grüesst?» Als meine Generation jung war (vor ca. 40 Jahren!) hiess es oft: «Di hütigi Jugend cha nümm grüesse!» So wurde also in unserer Erziehung Wert darauf gelegt: «Grüessech Frou Balmer, grüessech Herr Dokter, grüessech Frou Pfarrer…» – was wir nicht so schätzten, da grüssen für uns eher lästige Höflichkeitspflicht war als etwas anderes. Was aber könnte denn das Grüssen anderes sein? Grüssen kann auch heissen: Ansehen, Anreden, Ehre erweisen und schliesslich lesen wir oft auf den Schleifen der Blumenkränze an Beerdigungen: «Letzter Gruss». Das Grüssen können wir aber auch verweigern, «Den grüsse ich nicht mehr!», wenn uns jemand enttäuscht hat oder wie Tell bei Gesslers Hut, weil er sich nicht in falscher Weise unterordnen wollte. «Sie mochten uns nicht einmal eine Begrüssung gönnen für unsern Vereinsanlass», hörte ich kürzlich im Zug einen Mann klagen. «Bhüet di Gott!» Da ist die alte Bauernfrau, die jedem ihrer Familienmitglieder, wenn es zum Haus hinausging, sagte: «So gang i Gott's Name». Oder die Mutter, die ihrem Sohn beim Abschied jeweils sagte: «Häb Sorg zu dir». Wenn sie es einmal unterliess, sagte der Sohn: «Mami, du hesch öppis vergässe...» Wie anders tönt doch ein bewusstes «Bhüet di Gott» als ein gedankenlos hingesagtes «Tschou»... In ein Grusswort können wir also sehr viel hineinlegen an guten Wünschen, lieben Worten und freundlichen Blicken – sogar wenn uns die Worte fehlen. Grüssen ohne Worte Unsere Ferien verbrachten wir diesen Sommer im wunderschönen Finnland. Nur mit der finnischen Sprache hatte ich meine liebe Mühe: Nichts lässt sich «erahnen», ausser vielleicht «kirkko» (Kirche). In der kirkko von Anttola hatte ich denn auch ein ganz spezielles Erlebnis: Ich fühlte mich so wohl in diesem hellen Raum und hatte den Wunsch mit der freundlichen Betreuerin ein paar Worte zu wechseln. Doch sie sprach nur finnisch und ich kein Wort ausser «hej» (hallo) und die Zahlen von yksi bis kymmenen (1-10). Ich blätterte im finnischen Gesangbuch und fand endlich ein Lied von Tersteegen. Ich begann die Melodie von «Gott ist gegenwärtig» zu summen und siehe da: die Frau strahlte und summte mit. Wir umarmten uns wortlos. Das war ein besonderes «Grüssen» – es brauchte keine Worte. Falls Sie nicht zu den regelmässigen SMS-Benutzern gehören, liefere ich noch die «Übersetzung» zu den Abkürzungen am Anfang des Textes: glg= ganz liebe Grüsse; gby= God bless you; hdmmmfg= ha di mega mega mega fescht gärn! Ob in alter Form oder mit neuen Medien: Einander grüssen und verabschieden aus Überzeugung bleibt wichtig. Deshalb: «A Dieu» bis nächste Woche. Helene Maurer-Schaffer>
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