
Ich habe da eine These, die Sie vielleicht für gewagt, ja für masslos halten: Greta Thunberg ist eine Prophetin im Sinne der jüdisch-christlichen Bibel. Sie erfüllt alle Merkmale der Prophetengestalten im Alten Testament. Das hat sich auch am Klimagipfel der UNO in New York deutlich gezeigt.
Der Prophet Amos hilft, meine These zu belegen. Amos wirkte im 8. Jahrhundert vor Christus. Er hütete Schafe und Ziegen, ehe ihn plötzlich eine Stimme überwältigte. Amos kam zur Überzeugung, Gott rufe und beauftrage ihn. Die Order war unmissverständlich. Amos soll Israel, das Volk des Gottes Jahwe, wachrütteln. Amos tat es gründlich und zog alle Register eines biblischen Propheten.
Mit scharfen Augen entdeckte er, was sein Gott schon länger sah: In Israel entwickelt sich eine Klassengesellschaft. Gerechtigkeit, Frieden und Solidarität gehen vor die Hunde. Das ist nicht im Sinne Jahwes. Amos tritt seinen prophetischen Feldzug an. Unerbittlich, ohne Angst und ohne Hoffnung auf Anerkennung prangert er die durch die Oberschicht organisierte Verarmung an. Das kam mitunter deftig daher. «Die Frauen der führenden Kreise von Samaria glichen der Üppigkeit ihrer feisten Figuren wegen den Kühen aus dem Ostjordanland», wetterte Amos.
Wie die biblischen Propheten tritt die junge Schwedin im Stile einer Einzelkämpferin auf.
Hat nicht jüngst am Klimagipfel die junge Greta genauso wütend der versammelten Weltführerschaft die Leviten verlesen wie einst Amos an die Adresse von König Jerobeam II. und seines Priesters Amazja am Kultheiligtum von Beth-El?
Greta werde von aussen gesteuert und instrumentalisiert, wird moniert. Wenn schon, dann wurde auch Amos indoktriniert. Von Gott. Aber wie ging das vor sich? Hörte er eine Stimme in sich? Dann ist er bei Greta oder diese bei ihm. Denn als Autistin ist sie ganz auf sich fokussiert. Auch sie nahm eine innere Stimme wahr, die sie antrieb, sich buchstäblich zu äussern und an die Öffentlichkeit zu treten.
Greta agiert deckungsgleich mit Amos und allen seinen Prophetenkollegen. Wie die biblischen Propheten tritt die junge Schwedin im Stile einer Einzelkämpferin auf: kompromisslos, anklagend, visionär und unabhängig. Und sie nimmt, ebenfalls wie alle Propheten, keinen Lohn dafür entgegen. Jene, denen Amos auf die Füsse trat, hassten ihn. Er machte unerschütterlich weiter, wie Greta, der aus aller Welt Aggressionen entgegenschlagen, von Leuten, die genau wissen, dass diese zierliche Umweltaktivistin den rechten Weg in die Zukunft weist.
Auch sie nahm eine innere Stimme wahr, die sie antrieb, sich buchstäblich zu äussern und an die Öffentlichkeit zu treten.
Einer der grössten Propheten der Weltgeschichte hat sein prophetisches Wirken gar mit dem Tod bezahlt: Jesus aus Nazareth. Vor allem den römischen Herrschern hat er deren imperialistisches Gehabe glasklar vor Augen geführt, nicht bloss mit Worten, vielmehr durch seine Taten. Greta Thunberg dürfte ihr prophetisches Wirken nicht mit dem Tod bezahlen müssen. Die Anfeindungen muss aber ein derart junger Mensch erst einmal unbeschadet wegstecken. Ein erneuter Beweis, dass sie eine Prophetin ist.
Die Christinnen und Christen würden sich mit Gewinn etwas von der Überzeugungskraft einer Prophetin Greta aneignen. Die Zeit drängt.
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Greta – wie eine Prophetin aus dem Alten Testament
Für den Gastautor Josef Hochstrasser ist die Klimaaktivistin Greta Thunberg eine Prophetin im Sinne der jüdisch-christlichen Bibel.