Getrübte Schlösschen-Idylle
Im März 2016 übernahm der Inder Sajive Trehaan das Hotel Du Lac in Därligen mit dem Versprechen, ein «Lake Resort» mit verschiedenen Aktivitäten daraus zu machen. Dieses wurde bis heute nicht realisiert. Dafür gibts mächtig Stunk mit Wohnungsbesitzern und ehemaligen Arbeitnehmern.

Die Pläne, die Sajive Trehaan im März 2016 verkündete, klangen vielversprechend. Er beabsichtigte, aus dem Hotel Du Lac in Därligen ein «Lake Resort» zu machen. Die Gäste sollten hier unter professioneller Leitung tauchen können, in einer Seelounge die Ruhe geniessen, die Vorzüge der indischen Ayurveda-Heilkunst kennen lernen und am Ufer allenfalls gar in ein Jetboot steigen können, analog jenem, das auf dem Brienzersee unterwegs ist. «Der Seeanstoss hier ist schlicht sensationell», sagte der indische Staatsbürger Trehaan im März letzten Jahres. Er sei voller Ideen und Tatendrang – und das «Lake Resort» solle «noch in diesem Sommer», also im Sommer 2016, den Betrieb aufnehmen.
Ein gutes Jahr später steht in Därligen noch immer der orientalisch angehauchte, schlösschenartige Du-Lac-Komplex. Aber kein «Lake Resort». Gastgeber Trehaan beherbergt in seinem Hotel «einen Mix aus asiatischen Gruppenreisenden sowie individuellen Gästen aus aller Welt», wie er auf Anfrage schreibt. Die Plane für sein Resort habe er nicht aufgegeben. «Ich werde es noch in diesem Jahr realisieren.»
Kein Lohn, dann Kündigung
Abgesehen davon, dass sich die Umsetzung des Resorts verzögert, läuft der Hotelbetrieb gut – zumindest gemessen an der Anzahl Gäste. Dies bestätigen neben Trehaan auch einige Anwohner.
Die Frage ist allerdings, zu welchem Preis. Ehemalige Angestellte berichten über Sajive Trehaan als Arbeitgeber nicht viel Gutes. Der gebürtige Pakistaner Ashraf Bilal arbeitete bis letzten Oktober im Restaurant Bahnhof in Interlaken, das zuletzt ebenfalls Trehaan und dessen Geschäftspartner Surjit Singh führten.
Nachdem das Restaurant geschlossen und das Gebäude abgerissen worden war, erhielt Bilal im Du Lac eine Weiterbeschäftigung als Koch und Mitarbeiter der Hauswirtschaft. Laut Sandra Matti musste ihr Mann häufig sieben Tage in der Woche arbeiten – von 8 bis 20 Uhr. Dies trotz eines beidseitig unterschriebenen Arbeitsvertrags, der dieser Zeitung vorliegt und auf dem zwei Ruhetage pro Woche genannt werden. Gemäss Schweizer Arbeitsrecht darf kein Angestellter pro Woche mehr als 50 Stunden arbeiten.
Das erste fällige Monatsgehalt wurde nicht überwiesen. Bilal wurde vertröstet, der Lohn werde ausbezahlt, sobald das Hotel besser ausgelastet sei. Doch auch nach dem zweiten Monat Arbeit im Du Lac hatte Bilal noch nichts von seinem Salär gesehen.
Das Ehepaar informierte sich bei der regionalen Schlichtungsstelle nach seinen Möglichkeiten. «Man empfahl uns, per Einschreiben eine Lohnforderung mitzuteilen.» Gesagt, getan. Mit einschneidenden Folgen: Schon am Folgetag – es war der 29. Dezember 2016 – erhielt Bilal ebenfalls per Einschreiben die fristlose Kündigung.
Der nächste Weg des Ehepaars Bilal-Matti führte zur Gewerkschaft Unia und zum Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum. Hier verlangten die Behörden die AHV-Auszüge – und Bilal erlebte seine nächste böse Überraschung: Schon während seiner Beschäftigung im Restaurant Bahnhof waren die AHV-Abzüge auf dem Lohnausweis zwar vermerkt, aber nie eingezahlt worden.
Kein Einzelfall
Das Ehepaar hat inzwischen den Rechtsweg beschritten. Es wirft Sajive Trehaan einerseits die unbegründete und missbräuchliche fristlose Entlassung vor. Andererseits fordert es – mit der Unia als Zweitklägerin – einen ausstehenden Betrag von 18 000 Franken ein, was neben drei Monatsgehältern auch den Anteil am 13. Monatslohn einschliesst sowie Verpflegungsabzüge, die von der Klägerschaft als zu hoch eingestuft werden. Der Termin vor dem Regionalgericht Oberland in Thun findet voraussichtlich im Mai statt.
Ashraf Bilals Geschichte im Du Lac Därligen ist offenbar kein Einzelfall: Dieser Zeitung liegen Informationen vor, dass in den letzten Monaten drei weitere Mitarbeiter von Trehaan entlassen worden sind, nachdem sie ihren Lohn gefordert hatten.
Inzwischen arbeitet wieder eine Belegschaft im Du Lac. Dies bestätigt ein Buchhalter, der im Mandat für Sajive Trehaan arbeitet, aber nicht namentlich genannt werden möchte. «Ein unangekündigter Besuch der kantonalen Arbeitsmarktbehörde sowie der Fremdenpolizei diesen Montag hat überdies keine Unstimmigkeiten an den Tag gebracht», sagt der Buchhalter. Ein Bericht der Behörden ist ausstehend.
Diese Zeitung hat Sajive Trehaan mit den Vorwürfen konfrontiert, die vom Ehepaar Bilal-Matti an ihn gerichtet werden. Er weist die Vorwürfe zurück. «Einigen Mitarbeitern habe ich gekündigt, weil sie gegen die Organisation gearbeitet haben», schreibt er. Sie hätten ausserdem das Inventar beschädigt und einen Verlust verursacht. «Der Betrag der ausstehenden Löhne ist Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens. Dazu möchte ich nicht Stellung nehmen.»
Das Einstellen und Entlassen von Mitarbeitern gehöre zu den Richtlinien seines Unternehmens. Und bei ihm müsse niemand gratis arbeiten. «Natürlich bezahle ich Löhne.»
Trehaans Buchhalter ist einheimisch und bringt reichhaltige Erfahrung im Bereich Finanzen und Controlling von grösseren Firmen mit. «Derzeit ist vieles am Laufen», gibt er zu. «Aber ich glaube daran, dass Herr Trehaan seine Ziele erreichen kann.» Gewisse Dinge würden halt mit der indischen Mentalität anders betrachtet als mit der schweizerischen. «Aber ich sehe, dass der Mann viel Energie investiert, um in Därligen etwas auf die Beine zu stellen.» Misswirtschaft stelle er nicht fest.
Neue Anstellung für Bilal
Diesbezüglich hat das Ehepaar Bilal-Matti andere Erfahrungen gemacht. In den letzten Monaten, so Sandra Matti, seien vor allem die langsam mahlenden Mühlen der Behörden problematisch gewesen. «Man fühlt sich hilflos», sagt sie. «Ich werde kämpfen, bis jemand Herrn Trehaan auf die Finger klopft. Auch wenn der Weg mühsam und steinig ist – aber die Gerechtigkeit ist es wert.» Immerhin: Ashraf Bilal hat inzwischen eine andere Anstellung gefunden. Ab Sommer arbeitet der 31-jährige in der Küche eines Hotels in Grindelwald.
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