EZB lässt Leitzins auf Rekordtief
Die Europäische Zentralbank hat ihre Leitzinsen nicht angetastet. Der Schlüsselsatz bleibt bei 0,0 Prozent.

Die Europäische Zentralbank (EZB) verändert ihren geldpolitischen Kurs vorerst nicht – trotz zunehmender Forderungen nach einem Einstieg in den Ausstieg aus der Geldflut.
Der Leitzins im Euroraum bleibt auf dem Rekordtief von null Prozent. Parken Geschäftsbanken Geld bei der Notenbank, müssen sie weiterhin Strafzinsen von 0,4 Prozent bezahlen.
«Wir sind in der Phase, wo wir beginnen darüber nachzudenken, was wir nächstes Jahr tun werden», sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt. «Wahrscheinlich wird der Grossteil der Entscheidungen im Oktober getroffen.»
Debatte in frühem Stadium
Die EZB könne diese aber auch noch verschieben, sollte sie noch nicht so weit sein. Die Fachleute der Notenbank sollten zunächst Vorschläge für mögliche Optionen machen. Auf der jetzigen Ratssitzung sei bereits über die Dauer der Anleihenkäufe und den monatlichen Umfang gesprochen worden.
Die Debatte sei aber noch in einem sehr frühen Stadium. Die meisten Experten gehen davon aus, dass die Notenbank beschliessen wird, die Transaktionen ab Januar schrittweise herunterzufahren.
Noch bis mindestens Ende Dezember 2017 steckt die EZB Monat für Monat 60 Milliarden Euro in den Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen. Das gigantische Kaufprogramm läuft seit März 2015 – bisher veranschlagtes Volumen: 2,28 Billionen Euro.
Entgegen den Erwartungen von Ökonomen liess sich die EZB sogar weiterhin die Möglichkeit offen, das Volumen der Anleihenkäufe auszuweiten – obwohl das Angebot an Wertpapieren, die die EZB nach ihren eigene Regeln kaufen darf, bald an Grenzen stösst.
Geldpolitik mit Nebenwirkungen
Mit viel billigem Geld versucht die EZB seit Jahren, der Konjunktur auf die Sprünge zu helfen und die Teuerung anzuheizen. Angestrebt wird Preisstabilität bei einer Inflationsrate knapp unter 2,0 Prozent – weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise könnten Unternehmen und Verbraucher dazu bringen, Investitionen aufzuschieben - das würde die Konjunktur abwürgen.
Seit Wochen nimmt aber der Druck auf die EZB zu, das Ende des Anti-Krisen-Kurses einzuläuten. Denn die Zeiten einer Inflationsrate nahe Null sind vorerst vorbei und die Konjunktur im Euroraum läuft wieder besser.
Selbst die EZB traut dem Währungsraum für das laufende Jahr nun ein kräftiges Wirtschaftswachstum von 2,2 (Juni-Prognose: 1,9) Prozent zu.
Kritik am EZB-Kurs gibt es unter anderem, weil Sparer kaum noch Zinsen bekommen und sich Banken mit dem Geldverdienen schwer tun. Andererseits profitieren Kreditnehmer von günstigen Konditionen - zum Beispiel beim Kauf von Häusern und Wohnungen.
Ökonomen warnen allerdings immer wieder, dass genau dies zu Preisblasen führe. Blasen können entstehen, wenn Geld zu billig, also mit zu tiefen Zinsen auf den Markt kommt. Immobilien zum Beispiel werden künstlich immer teurer, weil der Markt mit billigen Krediten leergekauft wird.
Sorge um starken Euro
Sorge bereitet den Europäischen Währungshütern die jüngste Aufwertung des Euro. «Die aktuelle Wechselkursvolatilität stellt eine Unsicherheitsquelle dar, die eine genaue Beobachtung erfordert», sagte Draghi in ungewohnt deutlicher Form.
Von Januar bis heute hat der Euro gegenüber dem Franken rund 6,5 Prozent an Wert gewonnen. Am Donnerstagnachmittag während der Rede von EZB-Präsident Draghi hat der Euro gegenüber dem Franken weiter angezogen. Ein Euro kostete zuletzt 1,1435 Franken.
Seit Jahresanfang hat der Euro aber vor allem gegenüber dem Dollar aufgewertet. Experten begründen das damit, das die Wirtschaft im Euroraum robust wächst, während es in den USA nicht mehr so rund läuft. Dort wurden Hoffnungen auf Steuersenkungen und staatliche Ausgabenprogramme von der Trump-Regierung bisher nicht erfüllt.
Das Erstarken des Euro verteuert Produkte europäischer Firmen auf den Weltmärkten. Das könnte das Wachstum dämpfen. Zugleich werden Importe aus anderen Währungsräumen günstiger, was die Inflation drückt. Damit wird es für die EZB schwieriger, ihr mittelfristiges Ziel für die Teuerungsrate zu erreichen.
Schweizer Währungshüter warten auf EZB
Mit dem Entscheid der EZB sind auch der Schweizerischen Nationalbank (SNB) weiter die Hände gebunden. Experten sind sich einig, dass die Schweizer Währungshüter erst dann Spielraum für eine Zinserhöhung erhalten, wenn ihre europäischen Kollegen vorangegangen sind.
Würden die Zinsen hierzulande schneller steigen als in der Eurozone, wären die ohnehin schon gefragten Anlagen in Franken nochmals attraktiver. Genau diese Attraktivität will die SNB schwächen.
Denn der starke Franken verteuert Schweizer Produkte und Dienstleistungen gegenüber dem Ausland und belastet damit die Exportwirtschaft. Umgekehrt können Konsumenten günstiger einkaufen und ins Ausland reisen.
SDA/fur
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