Exemplarische Sozialhilfe-Debatte
Sollen Gemeinden selber über ihre Sozialhilfebeiträge bestimmen? Oder sollen sie sich gegenseitig unter die Arme greifen? St. Gallen führt nun genau diese Debatte.

Im St. Galler Kantonsrat sind in der Septembersession zur Sozialhilfe zwei Motionen mit sehr unterschiedlichen Forderungen eingereicht worden: Die SVP will die Gemeindeautonomie weiter ausbauen, die SP fordert eine solidarische Finanzierung.
Im Kanton St. Gallen ist die Sozialhilfe Sache der Gemeinden. Die Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) sind nicht verbindlich. Die meisten Kommunen richten sich nach den Empfehlungen der St. Gallischen Konferenz für Sozialhilfe (KOS), deren Ansätze bis zu fünf Prozent unter denjenigen der SKOS liegen.
Im August hat die Gemeinde St. Margrethen angekündigt, in der Sozialhilfe den Ansatz für den Grundbedarf um 7,5 Prozent zu kürzen. Schon länger haben Rorschach und Rorschacherberg die Sozialhilfe reduziert. Diese Entwicklung hat nun im Kantonsrat verschiedene Vorstösse ausgelöst.
Sozialhilfe nach den lokalen Gegebenheiten
Die SVP-Fraktion verlangt in einer am Montag eingereichten Motion eine Stärkung der Gemeindeautonomie. Die Gemeinden könnten die Bedürfnisse der Sozialhilfebezüger am besten einschätzen, heisst es darin. Sie sollten die Unterstützung «entsprechend den lokalen Gegebenheiten und ihren finanziellen Möglichkeiten ausrichten können».
Der Vorstoss richtet sich gegen eine Bestimmung im kantonalen Sozialhilfegesetz. Darin steht, dass die Regierung Richtlinien von Fachorganisationen für verbindlich erklären und Ansätze für den Lebensunterhalt festlegen kann. Dieser Absatz sei ersatzlos zu streichen, fordert die SVP.
Die SP-Fraktion hält in einer ebenfalls am Montag eingereichten Motion fest, dass es die Regierung 2002 abgelehnt habe, die SKOS-Richtlinien für verbindlich zu erklären. Einige Gemeinden hätten sich neuerdings entschieden, den Grundbedarf zu kürzen. Um einen Sozialtourismus zu verhindern, seien nun dringend Massnahmen angezeigt.
Kein unwürdiges Spiel
Die SP fordert eine Verbesserung der Solidarität unter den Gemeinden. So solle der soziodemografische Lastenausgleich ausgebaut oder die Sozialhilfe kantonalisiert werden. Um die Gleichbehandlung in den Gemeinden zu gewährleisten, könnten die Richtlinien der SKOS oder die Empfehlungen der KOS für verbindlich erklärt werden.
Ein weiterer Vorstoss wurde bereits vor der Session eingereicht: Nino Cozzio, St. Galler Stadtrat und CVP-Kantonsparlamentarier schlägt in einer einfachen Anfrage eine Kantonalisierung der Sozialhilfe vor, um die Soziallasten gerechter zu verteilen. Damit könne verhindert werden, «dass die Bezügerinnen und Bezüger zum Spielball in einem unwürdigen Spiel werden», heisst es im Vorstoss.
SDA/thu
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