«Es gibt einen Konsens, dass er des Mordes schuldig ist»
Der Mord-Freispruch von Oscar Pistorius löst bei südafrikanischen Juristen heftige Kritik aus.
Oscar Pistorius' Freispruch vom Mord- und Totschlagsvorwurf (zum Nachrichten-Ticker) hat bei südafrikanischen Juristen scharfe Kritik hervorgerufen. «Ich bin schockiert, es gibt einen Konsens unter Juristen, dass er des Mordes schuldig ist», sagte etwa der Johannesburger Strafrechtler Martin Hood.
«Wie kann man absichtlich vier Schüsse auf eine Toilette abfeuern und nicht absehen, dass derjenige darin womöglich getötet wird?», schrieb der Strafrechtsexperte James Grant im Kurzbotschaftendienst Twitter. Richterin Thokozile Masipa hatte Pistorius heute von den Vorwürfen des Mordes und des Totschlags freigesprochen – 19 Monate, nach dem der unterschenkelamputierte Sprintstar seine Freundin Reeva Steenkamp in seinem Haus mit vier Schüssen getötet hatte. Ob Pistorius wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wird, will die Richterin in den kommenden Tagen verkünden. Sie setzt am Freitag die Verlesung des Urteils fort.
Notwehr oder ein Unfall
Der Angeklagte hatte die Schüsse eingeräumt, aber angegeben, einen Einbrecher in der Toilette vermutet zu haben. Vor Gericht sprach er ein Mal von Notwehr, weil er sich bedroht gefühlt habe, ein anderes Mal sprach er von einem Unfall. Eine Absicht, Steenkamp zu töten, sei ihm nicht nachzuweisen gewesen, erklärte Richterin Masipa.
Video: Reuters
Dass er nun sowohl vom Mordvorwurf als auch vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen wurde, birgt für den Juristen Hood eine Gefahr. Für Menschen, die ihre Partner töten und dies als Notwehr bezeichneten, könne der Freispruch «die Tür zu einem systematischen Missbrauch unserer Gesetze öffnen».
Anwalt David Dadic aus Johannesburg sagte, er und viele andere Kollegen seien «fassungslos». Denn der Tod des Menschen hinter der Toilettentür, unabhängig davon, wer das Opfer war, erscheine als absehbar. Nach seiner Einschätzung müsste Pistorius nun zumindest wegen fahrlässiger Tötung verurteilt werden. «Es ist offenkundig, dass der Tod auf Fahrlässigkeit, auf sehr grosse Fahrlässigkeit zurückzuführen ist.»
Juraprofessor Grant von der Universität Wits verwies auf die Möglichkeit des Staates, das Urteil anzufechten. Die Richterin akzeptiere nicht, dass der Beschuldigte jemanden habe töten wollen. «Seine Verteidigung war es, dass er nicht beabsichtigte, illegal zu töten», schrieb er auf Twitter.
SDA/wid
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