Erst aus-, dann abgerutscht
Das 0:4 bei St. Gallen ist der bisherige Tiefpunkt der Thuner in dieser Saison. Erstmals seit März 2018 sind sie wieder Letzter.

Auch Bruderliebe kennt Grenzen. Das offenbarte sich an diesem Fussballwochenende erst am Samstag, als Silvan Hefti mit St. Gallen seinen Bruder Nias und den FC Thun vorführte und gleich mit 4:0 nach Hause schickte. Und das zeigte sich am Sonntag, als Xamax mit einem 1:0-Sieg gegen Lugano die Oberländer ans Tabellenende schubste. Torschütze für die Neuenburger war Gaëtan Karlen, Bruder des bei Thun aktuell verletzten Grégory.
So geht das derzeit für die Thuner, und viel wichtiger noch als familiäre Zuneigung wären für sie in ihrer misslichen Situation aktuell zwei, drei Punkte mehr. Von einem oder gar drei Zählern war Thun an diesem Samstag in St. Gallen indes weiter entfernt als das Oberland von der Ostschweiz.
Erinnerungen an das 2:7
Beim 0:4 liessen die Thuner alles auf einmal vermissen, was sie in diversen Auftritten zuvor vereinzelt von einem Sieg getrennt hatte: Einsatz, Genauigkeit, Leidenschaft, Zweikampfstärke. «Wir haben zu keinem Zeitpunkt des Spiels das gemacht, was wir uns vorgenommen hatten», sagte der resignierte Trainer Marc Schneider.
Die Niederlage beim formstarken St. Gallen ist die vierte in den letzten fünf Ligaspielen – und sie lässt den FC Thun erstmals seit März 2018 wieder als Schlusslicht zurück. Damals bedeutete ein 2:7 bei Sion die fünfte Niederlage in Folge und den Tiefpunkt einer heftigen Krise. Von aussen gab es Druck auf den Trainer, Sportchef Andres Gerber hielt jedoch immer an Schneider fest – und dieser schaffte in der Folge mit sechs Spielen ohne Niederlage den Turnaround.
Eine etwas stabilere Resultatslage würden den Oberländern auch aktuell guttun. In Aktionismus wird der Verein nicht verfallen, aber der Druck am Tabellenende kann auch die in Personalfragen nachhaltig agierenden Thuner stark verunsichern. «Wenn wir so weiterspielen, drohen wir unsere Ziele zu verpassen», sagte Stefan Glarner, am Samstag ein ziemlich niedergeschlagener Captain. Er spielt damit auch auf das angesichts der Platzierungen vergangener Spielzeiten so treuherzig anmutende Saisonziel Klassenerhalt an, das in dieser Ausgangslage natürlich jetzt wieder mehr zu einem Thema wird.
Man muss die Thuner Niederlagen trotz allem gesondert betrachten. In Zürich (0:2) waren sie früh dezimiert, gegen Sion (0:1) nicht ganz chancenlos. Zuletzt gegen YB (1:1) gab es ja nach einer Leistungssteigerung einen Punkt. Und gegen St. Gallen? Da passte nichts zusammen.
Warten auf Hediger
Wenn eine gut eingespielte Mannschaft, wie das Peter Zeidlers Team halt derzeit ist, ins Rollen kommt, gibt es bei den Oberländern niemanden, der das Team wachrütteln, an dem man sich aufrichten könnte. Für eine Rückkehr von Captain und Leitwolf Denis Hediger ist es noch immer zu früh, mit Ridge Munsy fehlt ein weiterer physisch starker Spieler, mit Kevin Bigler eine Zentrumskraft.
Die Achse, die die Mannschaft trägt, gibt es bei Thun derzeit nicht. Am Samstag lief Boris Babic vor dem 0:1 durch die Mitte, wie es ihm gerade passte. Das 0:2 war ein Corner, bei dem die Zuordnung nicht stimmte, was eigentlich keine Frage des Personals ist. Und beim 0:3 sahen diverse Thuner Defensivkräfte schlecht aus, als sich der elegante, spielerisch beeindruckend starke Spanier Victor Ruiz durchsetzte und für Ermedin Demirovic in der Mitte auflegte.
Im Angriff herrschte bei Thun in St. Gallen eine Harmlosigkeit, die für die nächsten Spiele in dieser heiklen Situation ein schlechter Begleiter wäre. Das Personal in der Offensive ist durchaus vorhanden, nebst Munsy fehlt noch Grégory Karlen verletzt. Matteo Tosetti ist zurück, jedoch noch auf Formsuche, Simone Rapp und Saleh Chihadeh erhalten als Stürmer wenig brauchbare Bälle.
Ein 0:0 als Wendepunkt
Dennoch ist Thun gut beraten, ein erstes Augenmerk wieder auf die defensive Stabilität zu richten. Nach dem 2:7 vor eineinhalb Jahren markierte ein 0:0 gegen Lausanne den Wendepunkt. Am Samstag kommt der FC Luzern nach Thun, zu Hause auf jeden Fall ein Gegner, den es zu schlagen gilt, wenn man sich eigentlich nicht dort sieht, wo die Oberländer aktuell gerade sind: am Tabellenende. «Wir müssen jetzt nicht auf die Klassierung schauen», sagte Basil Stillhart, «es geht ja auch noch lange.»
Doch je länger es so weitergeht, desto ungemütlicher wird es für den FC Thun und seinen Trainer.
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