Einst nur Viehfutter, heute voll im Trend
Es gibt viele Gründe, den Herbst nicht zu mögen. Doch viele lieben die dritte Jahreszeit: wegen der farbigen Blätter, die von den Bäumen fallen. Und weil es wieder Kürbiszeit ist. Wir besuchten den grössten Produzenten der Region.
Auf den Kürbisfeldern von Christian Tschanz (60) in Oppligen warten die letzten Kürbisse darauf, geerntet zu werden. Der erste Frost steht vor der Türe, und den ertragen die Früchte nicht. «Wir nehmen aber nicht jeden – vor allem nicht in einem guten Jahr wie diesem», sagt der Landwirt, der auch Präsident der Gemeinde zwischen Kiesen, Herbligen und Brenzikofen ist.
«Die Qualität muss stimmen», fügt er an, hebt einen orangefarbenen Kürbis hoch und dreht ihn. Nun kommen grüne Stellen zum Vorschein. Dieses Exemplar wird auf dem Feld bleiben, mit den anderen minderwertigen Früchten zerhackt und als natürlicher Dünger mit der Erde vermischt.
Ein idealer Kürbis-Sommer
Die Ernte begann auf dem Brunnenhof in der dritten Augustwoche. Danach bauten Tschanz und seine Helferinnen die Kürbisausstellung an der Hauptstrasse Richtung Oberdiessbach auf. «Die Lage des Brunnenhofs an der viel befahrenen Strasse ist einerseits nicht immer ideal. Andererseits verzeichnen wir mindestens 12000 Autos, die pro Tag vorbeifahren. Für uns bedeutet das viele Kunden, die spontan anhalten und einkaufen», sagt Tschanz.
Der heisse und trockene Sommer bescherte ihm ideale Bedingungen für seine Kulturen. «Wir haben 100 Sorten angebaut, wovon etwa ein Fünftel auf ungeniessbare Zierkürbisse entfällt. Die Ernte betrug 50 Tonnen. Übrig sind zurzeit noch 10 Tonnen», freut sich Christian Tschanz.
Auf Kürbisse umgesattelt
An solche Zahlen dachte er nicht, als er den Hof in den Achtzigerjahren übernahm. Genau genommen dachte er nicht einmal über Kürbisse nach. Denn bei der Übernahme war der Brunnenhof ein konventioneller Betrieb mit allem, was dazugehört, wie Rindern, Hühnern und etwas Ackerbau. Kürbisse galten damals noch als Viehfutter. Nach sechzehn Jahren Arbeit mit Pensionspferden setzten Christian Tschanz und seine Frau Bettina ab 1996 ausschliesslich auf Kürbisse.
Die Kinder machten es vor
«Beim Besuch eines Weinbauern in der Region Genfersee stachen uns Kürbisse der Sorte Rouge Vif d'Etampes ins Auge», erinnert sich der Landwirt. «Es war ein düsterer Tag. Die Kürbisse leuchteten so stark, dass wir zwei Stück als Dekoration mitnahmen.» Die beiden Kinder des Ehepaares waren damals im Alter, in dem sie selber ein Gartenbeet bestellen wollten. Für ihre ersten Gehversuche erhielten sie ein Tütchen Kürbissamen. Als ihr Vater die unerwartet grosse Ernte sah, begann er zu rechnen. «Ich überlegte mir, wie viele Kürbisse ich auf meinem Land anpflanzen und wie teuer ich sie verkaufen könnte.» Zum Entschluss über die Betriebsumstellung habe auch die ausufernde Bürokratie beigetragen, mit der sich die Landwirte je länger, desto mehr konfrontiert sehen. «Wir sollten den ganzen Tag am Computer verbringen, Kontrollen über uns ergehen lassen und unsere Waren zu festgelegten Preisen verkaufen. Als Kürbisproduzent bin ich davon befreit.»
Nachfrage ungebrochen
1996 pflanzte Tschanz 8 Sorten auf einer Fläche von 800 Quadratmetern an. Nach sieben Jahren zog die Nachfrage richtig an. Er kaufte neue Sorten und vergrösserte die Anbaufläche auf 2,5 Hektaren, um das rund 30-Fache.
Entgegen den Unkenrufen von Berufskollegen nahm die Nachfrage nach Kürbis in den letzten beiden Jahrzehnten nicht ab – im Gegenteil. Gegen Ende August kreuzen jeweils die ersten Liebhaber auf dem Brunnenhof auf und fragen, wann es denn endlich so weit sei. «Die Schweizer wollen in erster Linie rote Kürbisse», hat Christian Tschanz beobachtet. «Zurzeit sind vor allem Exemplare gefragt, aus denen Halloween-Laternen gemacht werden können.»
Schweizer und Asiaten
Tschanz' Kunden kommen aus der ganzen Schweiz. Sie nehmen die zum Teil sehr lange Anreise auf sich, weil die Auswahl riesig ist und grosses Gewicht auf die liebevolle Präsentation der Früchte gelegt wird. Hinzu kommt, dass sich Kürbisse mehrere Monate lagern lassen. Ein wichtiges Kundensegment seien die in der Schweiz wohnhaften Asiaten: «Zu uns kommen Vertreter von praktisch allen asiatischen Botschaften in Bern. Sie laden den Kofferraum ihrer Autos jeweils voll. Rote Kürbisse kaufen sie allerdings nicht, da sie die Qualität der Sorten aus ihrer Heimat kennen und schätzen.»
Oranger Knirps auf Backblech
Den Entscheid, auf Kürbisse umzusatteln, hat der Oppliger nie bereut. «Der Kürbis als solcher fasziniert mich nach wie vor. Ich liebe meinen Beruf, denn er bringt auch sehr interessante Begegnungen mit sich.»
Und welches ist seine bevorzugte Zubereitungsart? Er entkernt einen Potimarron, der im Handel auch als Oranger Knirps bezeichnet wird, schneidet ihn in Stücke und legt diese auf ein Backblech. Mit Olivenöl beträufeln, mit Salz bestreuen und bei 220 Grad in den Backofen, bis er gar ist. «Bei dieser Sorte kann man auch die Schale essen. Ich mag sie lieber als jede Kartoffel.»
www.brunnenhof.ch