Ein Stück hiesige Rennfahrer-Geschichte
Das Hauenstein-Archiv verbindet grosses Wissen mit viel Herzblut. Vier Rennsportbegeisterte leisten einzigartige Erinnerungsarbeit und dokumentieren die verschlungenen Wege von Fahrzeugen des Schweizer Motorsports.

Nicht etwa Motorenöl, sondern der Duft von altem Papier steigt dem Besucher beim Betreten des Raumes in die Nase. Von Papier hat es im Hauenstein-Archiv in Wangenried viel: Unzählige Bücher, Ordner und Kartonkisten mit Rennprogrammen, Startlisten, Ranglisten und Fotos dokumentieren den Schweizer Autorennsport. Dabei geht es nicht etwa um die Formel 1 oder berühmte Namen des Rennsports.
Urs Hauenstein, Hansruedi Küpfer, Max Kilchenmann und Hansruedi Howald sammeln alles, was mit Fahrzeugen zu tun hat, die in der Schweiz gebaut und gefahren wurden. Das Archiv dokumentiert nationale Veranstaltungen wie Bergrennen, Slaloms oder Ralleys. Wegen des Verbots von Rundstreckenveranstaltungen in der Schweiz werden diese Rennen im Ausland absolviert. So beziehen die Archivare auch Anlässe in umliegenden Ländern ein.
Professionelle Software
Urs Hauenstein ist Gründer und Namensgeber des Archivs. Der pensionierte Sekundarlehrer aus Oberflachs AG begann bereits als kleiner Junge, alles zu sammeln, was mit dem Automobilsport zusammenhängt. 1992 erarbeitete er im Rahmen einer Weiterbildung eine Semesterarbeit über die Geschichte der Schweizer Sport- und Rennwagen zwischen 1955 und 1992. Seine umfangreichen Recherchen führte er auch nach dem Abschluss der Arbeit weiter. Ein erstes Archiv legte er im Haus seiner Eltern an. Als dieses dann verkauft wurde, konnte er ins Race-Inn Roggwil ziehen.
Mittlerweile hatte er in Hansruedi Küpfer aus Langenthal und Max Kilchenmann aus Herzogenbuchsee zwei ebenso leidenschaftliche Motorsportbegeisterte gefunden. Nach Zwischenstopps befindet sich das Archiv seit gut zehn Jahren in der Liegenschaft von Hansruedi Howald in Wangenried. Alle vier sind oder waren lizenzierte Rennfahrer, Urs Hauenstein gar während fünfzig Jahren.
Im Motorsportarchiv halten der 73-Jährige und seine Rennkollegen ihr immenses Wissen für die Nachwelt fest. Jeden Mittwochabend arbeiten sie gemeinsam an ihrer Datenbank. In Kleinstarbeit scannen sie Dokumente ein, welche die Biografie eines Fahrzeugs, eines Fahrers oder eines bestimmten Rennens aufzeigen, und legen sie mit einer professionellen Software systematisch ab. «Alle Sammlerei bringt nichts, wenn man Daten archiviert und sie nicht mehr finden kann», sagt der 60-jährige Drogist Max Kilchenmann.
«Bei einem Rennen mit einem historischen Wagen muss man nachweisen können, wer wann und wo mit ihm gefahren ist.»
Die Dokumente kommen längst nicht mehr nur aus ihren eigenen Sammlungen. Stösse von Material stapeln sich hinter ihren Arbeitsplätzen. So arbeiten die Archivare derzeit am Nachlass eines verstorbenen Rennfahrers. Unzählige Bundesordner gefüllt mit Ranglisten, Streckenbeschrieben oder aufgelisteten Startgeldbeträgen warten noch darauf, verarbeitet zu werden. Sie hätten auch schon testamentarisch verschriebene Nachlässe bekommen, so Kilchenmann. Sie seien immer froh, solche Dokumente und Bilder zu erhalten.
Weg von der Bildfläche
Die Schweizer Motorsportszene sei wesentlich aktiver, als viele denken würden, sagt Hansruedi Howald. «Die meisten kennen nur Sauber. Aber daneben gibt es sehr viele, die viel weniger Mittel zur Verfügung hatten, aber ihr ganzes Herzblut in den Rennwagenbau gesteckt haben», so der 57-Jährige.
Ein solches Fahrzeug ist eine der Perlen des Hauenstein-Archivs: der Rombaldi, ein roter Rennwagen, der im Winter 1961 von drei rennsportbegeisterten jungen Wallisern gebaut wurde. Mehrmals verschwand das Fahrzeug in den darauffolgenden vierzig Jahren von der Bildfläche und tauchte mit neuen Besitzern und unter anderen Bezeichnungen wieder an Rennen auf, zuletzt unter dem Namen Rombaldi.
Wieder fahrtüchtig machen
Seit Hansruedi Howald ihn 2008 aus Frankreich zurück in die Schweiz gebracht hat, wird der Rombaldi konserviert und rennbereit gehalten. Das Unikat steht nun, wie zahlreiche andere historische Rennwagen, in der Werkstatt des Hauenstein-Archivs. Hier werden die Fahrzeuge restauriert. «Das Ziel ist immer, sie wieder fahrtüchtig zu machen», sagt er. So konnte der Rombaldi 2009 an Bergrennen in Frankreich, England und der Schweiz wieder eingesetzt werden. Am Steuer sass Hansruedi Küpfer. Der pensionierte Maschineningenieur fährt den Wagen heute noch gelegentlich aus.
Die Dokumentation, welche die verschlungenen Wege des Rombaldi aufzeigt, ist das Resultat der unermüdlichen und aufwendigen Arbeit von Urs Hauenstein, Max Kilchenmann und Hansruedi Küpfer. Regelmässig erhalten die drei Anfragen für Recherchen. «Bei einem Rennen mit einem historischen Wagen muss man nachweisen können, wer wann und wo mit ihm gefahren ist», sagt Urs Hauenstein.
Diese Belege zu finden, sei nicht immer ganz einfach, ergänzt Küpfer. «Vor allem, weil die meisten Rennen grenzübergreifend stattgefunden haben.» Deshalb bleibe die Archivarbeit manchmal ein wenig liegen, sagt Hauenstein. Das Engagement der Archivare sei von grosser Bedeutung, so Hansruedi Howald. «Natürlich interessiert sich etwa ein Chüngelizüchter nicht unbedingt dafür», sagt er. «Aber der Rennsport ist ein Stück Schweizer Geschichte. Dieses sollte erhalten und auswertbar bewahrt werden.»
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