Was geht? Die Ausgehtipps der WocheEin Streichquartett in der Abflughalle
Die kommende Kulturwoche kommt im Blumenkleid und im Anzug daher, mit schwerblütigen Songs und paranoider Bühnenkunst.
Frost und Trost: Das neue Album von Auk Nova
Valentin Kugler heisst der ruhige Mann, der vor Jahren als Strassenmusiker Berns Lauben mit Nachdenklichkeit erfüllt hat. Dort wurde er ermuntert, seine Songs doch bitte sehr auch auf Bühnen und ins Studio zu tragen, die Band Me, Valentine And You wurde gegründet, ein viel beachtetes Album eingespielt, eine Menge Konzerte gespielt – dann wurde es still. Acht Jahre lang. Valentin Kugler hatte sich verliebt, spricht von einer Fokusverschiebung, ein Kind folgte und die Selbstzweifel, in diesem Schwall an neuer Musik wieder einen Platz zu finden. Jetzt ist der reflektierte Herr, der als psychiatrischer Pflegefachmann arbeitet, mit einem neuen Album und einer neuen Band zurück. Auk Nova heisst sie, Songs von schwerblütiger Grossartigkeit macht sie – luftig und erdig zugleich, frostig und tröstend, produziert von Dave Odlum, einem Mann, der bereits für Bands wie Deus oder Luka Bloom tätig war. Ein sehr tolles Stück Musik. (ane)
ISC, Donnerstag, 17.11., 20.30 Uhr
B-Lesen: Kim und die anderen am Horizont

Alle Welt fragt sich, ob Kim de l’Horizon nach dem Gewinn des Deutschen Buchpreises für «Blutbuch» am 20. November im Theater Basel auch den Schweizer Buchpreis entgegennehmen wird. Auf der Shortlist befinden sich jedoch noch weitere vier Namen. Drei Autorinnen und Autoren sind auf der Lesetour in Bern persönlich anwesend. Simon Froehlings zweiter Roman «Dürrst» folgt einem schwulen Mann, der zwischen Dating- und Künstlerszene seinen Weg sucht. In Lioba Happels Roman «Pommfritz aus der Hölle» berichtet der Ich-Erzähler in Briefen an den Vater aus den albtraumhaften Untiefen seiner Existenz. Thomas Röthlisberger (Bild) entfaltet in «Steine zählen» ein nordisches Drama, das als Krimi durchgeht, gleichzeitig aber auch eine Reflexion über Lebenslügen und Verstrickungen ist. Der Schauspieler Markus Amrein liest aus «Blutbuch» und aus «Der rote Diamant» von Thomas Hürlimann. (lex)
Aula Progr Bern, Donnerstag, 17.11., 19.30 Uhr
Im luftleeren Raum: Modular Ensemble

Zwischenräume: Sie zeichnen sich aus durch ihre Eigenschaft, als Leere zwischen zwei konkreten Elementen zu existieren. Nirgends sonst sind solche Räume so klar definiert wie an einem Flughafen. Man zeigt seinen Pass, geht zwei Schritte weiter und befindet sich plötzlich in der Transitzone. Realität und Abstraktion treffen aufeinander. Das Modular Ensemble, bestehend aus einem Streichquartett und zwei Tänzerinnen, bespielt ebendiesen Raum im Flughafen Belp. Zu Musik von Henry Purcell, Aulus Sallinen und Béla Bartok kommen Improvisationen und Choreografien, nicht nur der zwei Tänzerinnen, sondern auch des Ensembles. Tradition und Gegenwart sollen sich verbinden, Zukunftsvisionen sich formen. (mar)
Abflughalle Flughafen Belp, Freitag, 18., und Samstag, 19.11., 20.30 Uhr, Sonntag, 20.11., 16 Uhr
Das Gegenteil eines süssen Lebens: «Sweet & Sour»

Weil sie auf Zürichs Strasse mehrmals für eine Sexarbeiterin gehalten wurde, begann die in Chile geborene und in Argentinien aufgewachsene Puppenspielerin Frida León Beraud sich mit den Frauen ihres Quartiers zu beschäftigen, die im Sexgewerbe tätig sind. Mehr als 80 Prozent davon sind Migrantinnen. Im Dokutheater «Sweet & Sour» der Gruppe Dalang & Co. lässt Beraud jene Frauen durch die Puppen auf der Bühne zu Wort kommen, die für die Gesellschaft oft unsichtbar sind und sich in einer Parallelwelt bewegen. Gemeinsam mit den befragten Sexarbeiterinnen entwirft die Künstlerin, die in diesem Jahr den Schweizer Preis für Darstellende Künste vom Bundesamt für Kultur erhalten hat, auch eine Utopie für einen idealen Berufsalltag. (sas)
Schlachthaus Theater, Bern, Donnerstag, 17., bis Samstag, 19.11., jeweils 20 Uhr, Podiumsdiskussionen über Sexarbeit in der Schweiz nach allen Vorstellungen
Das Blumenkind aus São Paulo: Céu kommt nach Bern
Gleich zwei Alben hat Céu im Jahr 2021 veröffentlicht, die Frau, die bis vor kurzem als erfolgreichster brasilianischer Musikexport seit Astrud Gilbertos «Girl from Ipanema» galt, nun aber von der Reissbrett-Popperin Anitta überholt worden ist. Céu gilt als Erfinderin einer musikalischen Gemengelage aus gesitteter Psychedelik, schlurfiger Rasta-Beschaulichkeit und ein bisschen Blumenkinder-Charme. Und es weht der Geist der Tropicalia-Bewegung durch Céus Musik, einer kulturellen Kraft, die sich im Brasilien der 60er-Jahre gegen das kunstfeindliche Militärregime auflehnte, indem sie die musikalische Folklore des Landes mit experimentellem Rock und Reggae unterfütterte. Auf den neuesten Alben hat sie – nach Ausflügen in elektronischere Gefilde – zum akustischen Handwerk zurückgefunden. Und auch fürs Berner Konzert verzichtet sie auf ihren Tastenmann. Das könnte trotzdem wunderbar werden. (ane)
Bee-Flat in der Turnhalle Progr, Mittwoch, 23.11., 20.30 Uhr
Zunehmend paranoid: «Das Maddock-Manifest»

Mehr Konsequenz geht nicht: 1998 soll sich der US-Künstler Hermann Maddock in einer Kunstgalerie das Leben genommen haben. Der Grund: Er hatte festgestellt, dass die Menschheit durch und durch vom Kapitalismus vereinnahmt ist – und die eigene Auslöschung somit der einzige Weg, sich dem zu entziehen. Dass Maddock ein mysteriöses Manifest hinterlassen haben soll, ist der Ausgangspunkt für das Bühnenstück «Das Maddock Manifest» von Benjamin Burger, der einen Soloabend mit zunehmend paranoiden Zügen zeigt. Der Stoff ist in Bern dieses Wochenende gleich zweifach zu sehen – einmal im Tojo-Theater, einmal am Festival BE-Movie in der Verfilmung von Burger und Dimitri Stapfer. (reg)
Tojo-Theater Reitschule, 17. bis 19.11., jeweils 20.30 Uhr
Japanischer Funk: Osaka Monaurail

Im Bierhübeli-Programm wird das Konzert noch als «Geheimtipp» bezeichnet. Längst aber scheint die Nachfrage das Platzangebot im Gustav überstiegen zu haben: Das Konzert wurde mittlerweile in den grossen Saal verlegt. Ob Osaka Monaurail noch als Geheimtipp durchgeht, lässt sich deshalb wohl bestreiten. Unbestritten ist aber: Diese Kombo ist funkier, als man sich das von einem japanischen Orchester vorstellen würde. Da kommen makellos einstudierte Choreos in der Brass-Truppe daher, davor der Frontmann Ryo Nakata als Energiebündel schlechthin. Das funkt, bis die Funken sprühen. (mar)
Bierhübeli, Mittwoch, 23.11., 19.30 Uhr
Fehler gefunden?Jetzt melden.