Klimastrategie für ThunEin «Labor», Beratungen und Ideen aus dem Volk
Am 21. Januar entscheidet der Stadtrat über 429’000 Franken für eine Klimastrategie. Sie soll dieses Jahr gemeinsam mit Interessierten erarbeitet werden – und in drei konkrete Klimaprojekte münden.

Der Klimawandel hat die Thuner Politik in den vergangenen Jahren immer wieder und auf verschiedene Weise beschäftigt. 2019 – zu Beginn der aktuellen Legislatur – setzte sich der Gemeinderat das Ziel, das Label Energiestadt Gold zu erreichen. 2023 soll es so weit sein. Ebenfalls 2019 rief der Stadtrat als Folge einer Jugendmotion den Klimanotstand aus. Danach bekannte sich die Regierung zum Ziel netto null 2050, also zur sukzessiven Reduktion von CO₂-Emissionen. Bis heute folgten im Parlament diverse weitere Vorstösse zum Thema Klimaschutz.
Im neuen Jahr will die Regierung nun eine Klimastrategie erarbeiten, wie die Stadt am Donnerstag mitgeteilt hat. Der Stadtrat entscheidet hierzu am 21. Januar über einen Verpflichtungskredit von 429’000 Franken. Mit dem Geld soll einerseits diese Strategie realisiert, andererseits drei konkrete Klimaprojekte umgesetzt werden.
Schrittweise weniger CO₂
Einen ersten Kredit von 130’000 Franken für eine Klimastrategie hatte der Gemeinderat 2020 bereits in eigener Regie beschlossen. Daraus resultierte in Zusammenarbeit mit der Energie Thun AG ein Grundlagenbericht. Er zeigt unter anderem auf, wie die Klimaneutralität schrittweise erreicht werden kann. Im neuen Jahr soll die Strategie nun zusammen mit Interessierten aus Politik und Wirtschaft, mit Fachpersonen und der Bevölkerung erarbeitet werden. «Als Smart City setzt die Stadt Thun dabei auch auf neue Methoden und Massnahmen», heisst es in der Medienmitteilung.
«Das Ziel netto null 2050 kann nur gemeinsam erreicht werden.»
Für den Thuner Gemeinderat ist es laut Communiqué zentral, dass nebst Verwaltung und Politik auch die Wirtschaft und die Bevölkerung die Klimastrategie mittragen würden. «Das Ziel netto null 2050 kann nur gemeinsam erreicht werden», schreibt die Stadt. Sie erwähnt dabei etwa das private Konsumverhalten oder die wirtschaftlichen Tätigkeiten von Unternehmen.
Roadmap soll den Weg weisen
Im Zuge der Klimastrategie soll deshalb mit den beteiligten Akteurinnen und Akteuren eine Roadmap erstellt werden, also ein chronologischer Zeitplan. Die Roadmap wird den Absenkpfad bis ins Jahr 2050 und zentrale Handlungsfelder aufzeigen. Ergänzend ist geplant, einen ersten Aktionsplan mit Massnahmen für die Jahre 2023–2026 festzulegen.
«Die Kategorie ‹Front Runner› ist auf die Ambitioniertesten zugeschnitten, die bereits eine Smart-City- und eine 2000-Watt-/Netto-null-Strategie verfolgen.»
Der Gemeinderat habe so ein Instrument in der Hand, das konkrete Massnahmen vorgebe und dennoch Spielraum lasse für die langfristige Planung. «Die weiteren Aktionspläne folgen in einem Vierjahresrhythmus», heisst es. Die klimapolitischen Vorschläge sowie Rückmeldungen aus der Konsultation würden in die Klimastrategie mit einfliessen.
Stadt Thun ist «Front Runner»
Auch das Bundesamt für Energie (BFE) unterstützt Gemeinden bei ihren Bemühungen, das Ziel netto null 2050 zu erreichen. Letztes Jahr startete es daher eine neue Projektförderung, wofür sich 330 Gemeinden in diversen Kategorien bewarben. «Die Kategorie ‹Front Runner› ist auf die Ambitioniertesten zugeschnitten, die bereits eine Smart-City- und eine 2000-Watt-/Netto-null-Strategie verfolgen», schreibt die Stadt.
Nebst weiteren Schweizer Städten wie Winterthur, St. Gallen, Burgdorf und Schaffhausen gehört auch Thun zu den Gewinnerinnen der BFE-Projektförderung. Sie erhält für die Umsetzung der Klimastrategie und der drei konkreten Klimaprojekte vom Bund einen Unterstützungsbeitrag in der Höhe von 181’200 Franken.
Voting für Bevölkerung
Die «Front Runner»-Eingabe der Stadt Thun umfasst drei Projekte, die Private und Institutionen einbeziehen will. Zum einen soll ein «Reallabor» aufgebaut werden: Es handelt sich dabei um ein Forum für Innovationen, «in dem verschiedene Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, Behörden und Politik gemeinsam innovative, klimafreundliche Technologien, Produkte, Dienstleistungen oder Ansätze erproben können». Ziel sei, die Bevölkerung einzubeziehen und unterschiedliche Akteurinnen zusammenzubringen.
«Alle drei Klimaprojekte verfolgen einen längeren Zeithorizont.»
Weiter möchte die Stadt ein Beratungsangebot aufbauen, um Interessierte zum Umstieg auf erneuerbare Heizsysteme zu motivieren. Die individuellen Bedürfnisse von Hauseigentümerinnen und -eigentümern sowie die Angebote von lokalen Partnerorganisationen sollen dabei berücksichtigt werden. Schliesslich beabsichtigt die Stadt, eine Projektausschreibung durchzuführen: Die Bevölkerung kann konkrete Klimaprojekt-Ideen eingeben. Via Voting entscheiden dann die Thunerinnen und Thuner, welche Projekte umgesetzt werden.
«Alle drei Klimaprojekte verfolgen einen längeren Zeithorizont», hält die Stadt fest. Insbesondere für das Labor ist vorgesehen, es zu institutionalisieren und längerfristig in ein selbstständiges Gefäss zu überführen. «Mit der Umsetzung der drei Projekte kann die Stadt Thun zur Vorreiterin im Kanton Bern werden, wo es noch keine vergleichbaren Projekte gibt.»
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