Ein Knall und der Thuner Ausschiesset war eröffnet
Eine Tradition ist dann eine Tradition, wenn Altbewährtes immer wieder auflebt. Überraschungseffekte und Veränderungen bekommen dem Gewand der Tradition nicht, weil diese oft zu sehr in Stein gemeisselt ist. Doch die seltene Tatsache, dass sich Bräuche nicht auf Gedeih und Verderben wiederholen, sondern von Neuerungen geprägt werden, war am Umzug zum Auftakt des Ausschiessets 2009 beinahe der Normalfall. Die Ausnahmen, weil es so viele waren, wurden zur Regel. Thun, Rex-Kreisel, 12.30 Uhr. Die Scheibenstrasse ist bis weit hinten mit Kadettinnen, Tambouren und Fähnrichen gefüllt. Der Umzug ist doppelt so lange wie üblich. Zum 150-Jahr-Jubiläum der Kadettenmusik und der Tambouren sind dieses Jahr zahlreiche Gäste dabei (vgl. auch Ausgabe vom Samstag). Die Majoretten und die Jugendmusik aus Steffisburg haben sich mit den Tambouren Spiez ins blaue Meer des Thuner Kadettenkorps gereiht. Sogar russische Prominenz rüstet sich zum Marsch. Noch weiss die Menge am Strassenrand nicht, für welchen Wirbel die Moskauer Suworow-Kadetten sorgen werden. Dann der Böllerschuss. Der Ausschiesset beginnt. Der Geschichtsinteressierte sehe hin und halte fest: Es werden antike, nachgebildete Gesslerbilder durchs Bälliz getragen. Als historische Symbole verkörpern sie die Anfänge und die Entwicklung des Gesslerschiessens. Kleider machen Leute – und fallen auf, wenn sie speziell sind. Armbrustschützen marschieren in Rock und Strumpf statt im gewohnten Kadetten-Blau. Farbenvielfalt von vorne bis hinten. Die Suworower-Kadetten stapfen in elegantem Schwarz-Weiss, die Majoretten Steffisburg ziehen mit hochgeschnürten Stiefeln und gestreiften Röcken die Blicke auf sich. Im Gefolge trottet Gessler, hoch zu Ross, in mittelalterlicher Tracht daher. Doch damit der Ausnahme nicht genug. Der Eröffnungsumzug 2009 tritt höchst ungewöhnlich ab. Auf dem Rathausplatz versammeln sich sämtliche Musiken. Urs Grundbacher, Dirigent der Thuner Kadettenmusik, dirigiert dem Riesenorchester inklusive der russischen Kadetten den Berner Marsch. Das heikle Unternehmen glückt. Und noch eine Überraschung zum Schluss: Die Russen sind nicht immer so bitterernst, wie sie manchmal aussehen. Die Suworow-Kadetten turnen, tanzen, singen, schreien, blödeln und musizieren. Die grosse Kunst daran: Alles geschieht gleichzeitig. Dino Dal Farra>
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