Präsident Nidauer Sozialbehörde «Ein Fall wie Abu Ramadan kann sich nicht wiederholen»
Roland Lutz ist in Nidau für die Sozialdienste zuständig. Er sagt, dass im Umgang mit Abu Ramadan Fehler passiert sind - aber auch, dass man heute ganz anders agiere.

Roland Lutz, Nidauer SVP-Gemeinderat und Präsident der Sozialbehörde, nimmt das Urteil gegen Abu Ramadan mit Genugtuung entgegen. Es sei schön, dass die Justiz für einmal richtig reagiert habe. Das Urteil sei ein Signal dafür, dass sich Sozialhilfebetrug nicht lohne. Und vor allem: «Nidau schaut genau hin.»
Das war nicht immer so, wie Lutz sagt. In den Jahren 2003 bis 2017 kam in Nidau niemand auf den Gedanken, die Bankkonti von Abu Ramadan genauer zu überprüfen. Erst durch die Veröffentlichung der Recherchen der SRF-Sendung Rundschau wurde die Nidauer Sozialbehörde aufmerksam und tätigte eigene Nachforschungen. Daraufhin zeigte sie den Libyer bei der Staatsanwaltschaft an.
Warum blieb Nidau so lange untätig? Roland Lutz, der seit 2013 im Amt ist, räumt ein, dass die damalige Praxis beim Nidauer Sozialamt wesentlich lascher gewesen sei als heute. Auch was die Integration anbelangt, habe man die Sozialhilfebezüger weniger zu Sprachkursen und Arbeitsintegrationsprogrammen gedrängt. Lutz: «Es ist nicht gut, was passiert ist, ich muss mich da auch selber an der Nase nehmen.» Man sei zu wenig streng gewesen.
So verhielt sich Ramadan
Abu Ramadan habe man beim Sozialdienst als unauffälligen Menschen wahrgenommen, seine Besuche im Amt seien in angenehmem Rahmen verlaufen. Klar hätten Gespräche über Arbeitsaufnahme und Sprachkurse stattgefunden.

Ramadan sei aber nicht einfach zufriedenzustellen gewesen. Die Jobs, die ihm angeboten worden seien, habe er nicht akzeptiert, weil sie seinem Niveau als ausgebildetem Agronomen nicht entsprochen hätten. Dafür, dass er nach so vielen Jahren keine Landessprache beherrscht, habe er den Schweizer Staat verantwortlich gemacht (zu wenig Kurse, wechselnde Lehrer, fehlende Finanzierung).
«Bei mir herrscht Nulltoleranz»
Heute sei der Sozialdienst Nidau komplett anders aufgestellt: «Ein Fall wie Abu Ramadan kann sich nicht wiederholen.» Nidau habe unter seiner Führung ein Kontrollsystem geschaffen. Jeder Sozialhilfebezüger werde alle zwei Jahre gründlich überprüft. Es fänden regelmässige Kontrollen der Pässe sowie der Bankkonti statt. Lutz: «Bei mir herrscht Nulltoleranz.» Bei begründetem Verdacht kämen wie auch schon früher Sozialermittler zum Einsatz. Bei Abu Ramadan habe es aber nie Grund zu Verdächtigungen gegeben.
Das Verfahren gegen Lutz selbst
Er habe keine Schadenfreude empfunden, sagt Lutz, als er von dem Gerichtsurteil erfahren habe. Und dass Ramadans Anwalt das Urteil bei der nächsten Instanz anfechten will, sei sein gutes Recht. Die Angelegenheit Ramadan sei für ihn mehr oder weniger erledigt. Doch noch gibt es eine hängige Anklage des Libyers gegen Lutz bei der Staatsanwaltschaft wegen Amtsgeheimnisverletzung. Lutz soll Informationen aus Ramadans Dossier den Medien preisgegeben haben. Daraufhin hatte die Kantonspolizei bei Lutz eine Hausdurchsuchung durchgeführt und seinen Computer beschlagnahmt. Lutz sagt, vor einem halben Jahr sei er das letzte Mal von der Kantonspolizei einvernommen worden.
So locker nimmt er die Sache aber nicht, wie es zuerst den Anschein macht. «Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass mich das kaltlässt.» Er wäre froh um ein Signal aus der Staatsanwaltschaft, um den Fall abschliessen zu können. Denn insgeheim frage er sich doch manchmal: «Habe ich wirklich alles richtig gemacht?»
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