Ein Dorf kämpft für sein Postauto
Die Bevölkerung von Rüeggisberg fürchtet den schleichenden Abbau des öffentlichen Verkehrs.

Steht man auf Familie Nufers Terrasse in Rüeggisberg, hat man einen grandiosen Blick auf die Berner Alpen. Die Schule, die Nachbarschaft, das Dorfleben – alles scheint zu passen. Seit zwei Jahren jedoch hat Rüeggisberg für die junge Familie auch eine Schattenseite: Die Anbindung an den öffentlichen Verkehr wird von ihr als zunehmend schlechter empfunden.
Mit dem Fahrplanwechsel 2018 hat das Dorf zwei Postautoverbindungen von Köniz her eingebüsst – jene um 21 und jene um 22 Uhr. Seit die 16-jährige Iona Nufer das Gymnasium Lerbermatt besucht, ist diese Änderung für die Familie deutlich spürbar. «Entweder nimmt Iona die Verbindung um 20 Uhr und ist eher früh zu Hause, oder sie kommt via Gürbetal und ist erst um 22.30 Uhr zurück», fasst ihre Mutter, Eliane Nufer, zusammen.
Familie Nufer stehe stellvertretend für eine Vielzahl von Rüeggisbergerinnen und Rüeggisbergern, welche die Postautoverbindung als schlechter erleben. Um dem entgegenzuwirken, wurde eine Petition mit 52 Unterzeichnenden lanciert: Verlangt wird die Gründung einer Verkehrskommission, die sich stärker für den öffentlichen Verkehr einsetzt.
Die Gäste bleiben weg
Böse Zungen könnten behaupten, bei Nufers Anliegen handle es sich um Jammern auf hohem Niveau. Immerhin hat Rüeggisberg nach wie vor am Abend jede Stunde eine Verbindung Richtung Bern – zwar nicht über Köniz, dafür aber via Gürbetal.
Diesen Vorwurf will Eliane Nufer jedoch nicht gelten lassen, dass Verbindungen von Köniz her wegfielen, sei trotzdem ein Abbau. Weiter weist sie auf den ökologischen Aspekt hin. Wenn man wolle, dass die Leute nicht mit dem Auto in die Stadt führen, müsse auch der öffentliche Verkehr stimmen.
Ein Dorf weiter in Oberbütschel findet man jene Menschen, die vom Fahrplanwechsel besonders hart getroffen wurden. Unter der Woche ist das Dorf ab 21 Uhr fast komplett vom öffentlichen Verkehr abgeschnitten. Erst nach 23 Uhr fährt noch ein einzelnes Postauto von Köniz aus nach Riggisberg, in die Stadt kommt man spätabends aber nicht mehr.
«Weil das Postauto weniger fährt, haben wir auch an Umsatz eingebüsst.»
Ein gutes Beispiel dafür ist das Restaurant Bütschelegg. Das Ausflugsziel für Wanderer sei stark vom Postauto abhängig, sagt Betreiber Seevaratnam Thekalolibawam, genannt Kanet. Weil dieses aber seltener fährt, bleiben weniger Leute zum Abendessen. «Dadurch haben wir auch an Umsatz eingebüsst», erzählt Kanet. Und seine Angestellten muss der Wirt nach Ladenschluss jeweils hinunter nach Riggisberg fahren, damit diese nach Hause kommen.
Die Gemeinde hat reagiert
«Wir nehmen die Bedenken sehr ernst», sagt Gemeindepräsidentin Therese Ryser (SVP). So wurde bereits eine Liste mit Eingaben an die Regionalkonferenz Bern-Mittelland übergeben, die in das Angebotskonzept 2022 bis 2025 einfliessen sollen. Dort wird auch Oberbütschel thematisiert: Das Dorf soll wieder zwei späte Abendverbindungen erhalten. Besonders wichtig sei ausserdem, dass es bereits ab dem Fahrplanwechsel 2019 am Nachmittag eine zusätzliche Verbindung von Riggisberg nach Hinterfultigen gebe. Dies, weil die Oberstufe verlagert wird und die Schüler sonst eine Stunde warten müssten, bevor sie nach Hause kämen.
Auf die Bildung einer Verkehrskommission, wie es die Petition verlangt, wird jedoch verzichtet. «Stattdessen haben wir einen sechsköpfigen Ausschuss gebildet, in dem jedes Gebiet der Gemeinde vertreten ist», erklärt Therese Ryser.
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