Nischenprodukt aus TrimsteinDiese Landwirtin setzt auf regionalen Tofu
Mit Videos hat sich Katrin Portmann beigebracht, Tofu herzustellen. Doch der Schweizer Markt ist klein. Wieso sie trotzdem expandiert.

Katrin Portmann hatte eine ungewöhnliche Idee. Sie wollte auf dem Hof, den sie mit ihrem Mann Hannes Moser in Trimstein bewirtschaftet, Tofu produzieren. Dies, obwohl bei manchen Leuten Vorurteile bestehen. «Gummig und gruusig» sei Tofu – das habe sie selber schon oft gehört.
Dabei, so vermutet Katrin Portmann, sei dies einfach ein Vorurteil von Leuten, die noch nie handgemachten Tofu probiert hätten. Entsprechend liess sich die Agronomin nicht von ihrem Plan abbringen. Im Sommer 2021 war es dann so weit. Ihr erster Tofu war verkaufsbereit. Hergestellt aus Soja, das ein Nachbar für sie anbaut. Seither liefert sie ihren Tofu an Bioläden in der Region Bern und verkauft ihn im eigenen Hofladen.
Entstanden ist die Idee bei ihrer Arbeit als Bio-Kontrolleurin, der sie neben dem Hauptjob auf dem Hof in einem kleinen Pensum nachgeht. In dieser Funktion hat sie in den letzten Jahren viele Höfe inspiziert. So auch eine Kooperative in der Westschweiz, die erfolgreich Tofu herstellt. «Das hat mich sehr beeindruckt», sagt Portmann.
Der Plan, selber Tofu herzustellen, sei da geboren. Die Agronomin besuchte daraufhin einen Kurs des Forschungsinstituts für biologischen Landbau, in dem sie sich erste Grundkenntnisse aneignete. Danach musste sie vor allem eines: «Immer wieder ausprobieren.» Sie nahm sich jeden Freitag Zeit dafür. Und schaute mindestens hundert Videos.
Die Versuche, die nicht gut gekommen sind, landeten bei ihren Weideschweinen. «Tofu machen ist wie Käse herstellen – es gibt viele Geheimnisse», sagt sie. Zum Beispiel, wie viel Nigari, ein aus Meersalz gewonnenes Gerinnungsmittel, man beigebe, damit die Sojamilch dick werde.
27 Franken kostet ein Kilo Kräuter-Tofu im Hofladen. Das ist deutlich teurer als in der Migros. Dort kostet der Bio-Tofu mit Basilikum 18 Franken pro Kilo. Grund ist, dass sie den Tofu in Handarbeit herstellt. «Wenn ich das den Kunden erkläre, sind sie auch bereit, einen höheren Preis dafür zu bezahlen.»
Die Produktion befindet sich in einer ehemaligen Milchkammer des Bauernhofs. Der Raum ist mit zwei Kochtöpfen und einer Mühle aus Taiwan, die Sojabohnen zu Milch verarbeitet, ausgestattet. Ausserdem steht dort eine Presse, die ein Handwerker aus der Region eigens für die Tofuproduktion hergestellt hat. «Viele Geräte zur Herstellung findet man in der Schweiz gar nicht.»
Es wird angenommen, dass Tofu ursprünglich aus China kommt. In der asiatischen Küche ist die Sojabohne ein essenzieller Bestandteil vieler Menüs.
Doch die Milchkammer wird langsam zu klein für die 40 Kilogramm Tofu, die Portmann jede Woche herstellt. Um mehr produzieren zu können, bauen sie und ihr Mann nun einen Bereich des Bauernhauses um.
Wertvolle Sorten
Das Paar hat jedoch gelernt, mit wenig Platz auszukommen. Ihre Landfläche wurde 2015 deutlich kleiner, als der zuvor grössere Landwirtschaftsbetrieb auf seine zwei Eigentümerfamilien aufgeteilt wurde. Also mussten sie die übrig gebliebene Fläche optimal nutzen – mit dem Anbau von aufwendigen Kulturen wie Erdbeeren, mit denen sich eine hohe Wertschöpfung erzielen lasse. Auf den 14,5 Hektaren bauen sie nun Gemüse und Getreide an, ausserdem halten sie Rinder, Schweine, Mastpoulets und Legehennen.
Portmann ist nicht Vegetarierin, sagt aber: «Ich bringe die Tiere zum Schlachten, das geht nicht spurlos an mir vorbei.» Sie konsumiere immer weniger Fleisch, und Tofu stelle für sie eine gute Alternative dar. «Denn Proteine brauche ich für den körperlich anstrengenden Beruf.» Zwei ihrer drei Kinder sind Vegetarier.
Der schlechte Ruf des Sojas
Nicht alle sehen im Tofu jedoch eine gute Fleischalternative – Soja hat noch immer einen schlechten Ruf. In Brasilien sei von 1985 bis 2020 eine Fläche so gross wie England abgeholzt worden und der Soja-Monokultur gewichen, kritisiert der Umweltverband WWF auf seiner Website. So seien Savanne sowie Gras- und Buschlandschaften verloren gegangen, die grosse Mengen an CO₂ speichern könnten.
Der weltweit steigende Konsum von Fleisch, Eiern und Milchprodukten führt zu einer Ausweitung der Sojaproduktion in Nord- und Südamerika, schreibt das Sojanetzwerk Schweiz. Die USA, Brasilien und Argentinien seien laut dem Sojanetzwerk Schweiz für 80 Prozent der weltweiten Gesamtproduktion verantwortlich. Portmann vermutet, dass die negativen Schlagzeilen zum Sojaanbau in diesen Ländern der Grund seien, weshalb auch viele Leute in der Schweiz ein schlechtes Bild von Tofu hätten.
Deshalb setzt die Agronomin auf Schweizer Bio-Soja. Die Bohne habe eine starke Eigenschaft: Sie kann Stickstoff im Boden fixieren, der wie ein natürlicher Dünger wirkt. Letztes Jahr bauten Landwirte aus der Nachbarschaft zum ersten Mal Soja für Portmann an. Trotz des schlechten Wetters sei die Ernte gut gewesen.

Doch Katrin Portmann gehört zu den wenigen, die Tofu aus Schweizer Soja und direkt auf ihrem Hof produzieren. Sie verbinde den Trend zur pflanzlichen Ernährung und den Trend zu regionalen Produkten. Deshalb sei sie sich sicher, auf den richtigen Produktionszweig gesetzt zu haben.
Schweizer Soja landet bei den Tieren
«Der Markt wächst langsam, aber stetig», sagt Matthias Klaiss vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau. Vor allem während der Corona-Pandemie hätten die Schweizer sehr viel Bio-Tofu aus der Schweiz gekauft.
Doch der Markt ist klein: Peter Rytz, Senior-Chef der Mühle Rytz, sagt, 600 bis 700 Hektaren in der Schweiz seien Speisesoja. Insgesamt werden laut dem Bundesamt für Statistik 2240 Hektaren Soja angebaut (2021). Das ist wenig: Kartoffeln wurden im selben Jahr auf rund 11’000 Hektaren angebaut. Vom Soja, das hierzulande und auch weltweit angebaut wird, endet der grösste Teil als Tierfutter. In der Schweiz landet es mehrheitlich in der Schweine- und Geflügelzucht.
Die meisten Landwirte, die Speisesoja anbauen, liefern dieses an die Mühle Rytz. Diese wiederum beliefert dann die Tofuhersteller. Seit 20 Jahren schliesse sein Unternehmen in Biberen Anbauverträge für Bio-Soja ab, sagt Rytz. Darin garantieren sie den Landwirten die Abnahme der Ernte.
Die Bilanz nach zwanzig Jahren in der Branche lautet so: «Bio-Soja zur Tofuherstellung hat sich etabliert», sagt Rytz. Die Nachfrage nach Schweizer Bio-Speisesoja sei in den letzten zwanzig Jahren stark gestiegen, und der Anbau konnte dementsprechend ausgedehnt werden.
Auch Portmann spürt die steigende Nachfrage. «Die Leute möchten wissen, woher das Soja in ihrem Tofu kommt», sagt sie. Deshalb habe sie auch die Hoffnung nicht aufgegeben, die Skepsis gegenüber ihrem Produkt in ländlichen Gebieten weiter abzubauen.
Insgesamt setzt sie jedoch vor allem auf Städterinnen, Städter und Menschen in den Agglomerationen. Das sei ihre Hauptzielgruppe. Dort kommt der Tofu offenbar gut an: Weil er jeweils schnell ausverkauft ist, möchte Portmann dieses Jahr doppelt so viel produzieren wie im letzten Jahr.
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