Wasserversorgung Region ThunDie Gemeinden erhalten ein Rückkaufsrecht
Nach dem Nein aus Steffisburg und dem Rückzieher aus Hilterfingen nimmt die Waret AG einen neuen Anlauf für die künftige Organisation der Wasserversorgung.

Damit das Trinkwasser aus unseren Hähnen sprudeln kann, braucht es verschiedene Anlagen, um das lebensnotwendige Nass zuerst einmal ab der Quelle zu fördern, dann zu speichern, es aufzubereiten und schliesslich in die jeweiligen Versorgungsgebiete zu transportieren. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von Primäranlagen. Und genau diese Primäranlagen möchte die Aktiengesellschaft Wasserversorgung Region Thun (Waret AG) von ihren Aktionären übernehmen. Das sind die Gemeinden Heimberg und Hilterfingen, die NetZulg AG (im Besitz der Gemeinde Steffisburg), die Energie Thun AG (im Besitz der Einwohnergemeinde Thun) und die Wasserversorgung Gemeindeverband Blattenheid. Das Ziel der Übernahme: die Wasserversorgung auf längere Sicht sicherstellen.
«Die vom Wasserversorgungsgesetz des Kantons Bern (WVG) geforderte sichere Wasserversorgung der Bevölkerung ist ohne eine regionale Zusammenarbeit der Gemeinden nicht mehr möglich», betont die Waret AG in ihrer Medienmitteilung vom Donnerstag. «Die Wasserversorgungen sind verpflichtet, in ihrem Versorgungsgebiet dauernd Trink- und Brauchwasser in ausreichender Menge bereitzustellen. Bei Ausfall des wichtigsten Wasserbezugsorts einer Gemeinde muss der mittlere Bedarf trotzdem immer abgedeckt sein.»
Entscheid vertagt und zurückgewiesen
Doch diese Argumentation schlug nicht bei allen Aktionären durch. Der Verwaltungsrat der Energie Thun stimmte der Übernahme zu, doch in Steffisburg, Hilterfingen und Heimberg ist dafür ein Beschluss des Souveräns notwendig. In Heimberg steht der Entscheid noch aus; er fällt Ende September an der Urne. Doch in Hilterfingen und Steffisburg erlitt das Geschäft bereits Schiffbruch.
In Hilterfingen zog der Gemeinderat das Geschäft zurück, bevor die Gemeindeversammlung überhaupt darüber abstimmen konnte. Grund: grosse Skepsis und Missverständnisse in der Bevölkerung. In Steffisburg schickte der Grosse Gemeinderat das Geschäft bachab: Er sandte die Vorlage mit 16 zu 11 Stimmen zurück an den Gemeinderat. Der Tenor hüben wie drüben: Das Wasser ist ein zu wichtiges Gut, als dass man die Hoheit darüber aus der Hand geben sollte.
Waret-Verwaltungsrat nimmt «Bedenken auf und präzisiert den Partnerschaftsvertrag».
Für die Waret AG stellte sich damit die Frage nach dem Wie weiter. Der Verwaltungsrat hat sich Ende letzter Woche mit den Beweggründen beschäftigt, die das Geschäft in Steffisburg und Hilterfingen vorerst zu Fall gebracht haben. «Er nimmt die Bedenken auf und präzisiert den Partnerschaftsvertrag so, dass die Partner ein Recht erhalten, die an die Waret übertragenen Primäranlagen wieder zu erwerben, falls diese stillgelegt oder veräussert werden sollten.»
Der Verwaltungsrat habe «Verständnis dafür, dass bei der Eigentumsübertragung der lebensnotwendigen Wasserversorgungsanlagen von den einzelnen Aktionären an die Waret AG Fragen und Bedenken auftauchen», heisst es weiter. «Gemäss kantonalem Wasserversorgungsgesetz ist und bleibt die Wasserversorgung eine Gemeindeaufgabe.» Die kantonale Gesetzgebung zur Trinkwasserversorgung, die Statuten und der Partnerschaftsvertrag der Waret AG schlössen vollständig aus, dass die Anlagen der Wasserversorgung in falsche Hände geraten können.
Restrisiko eliminiert
Gemäss den Statuten der Waret AG könnten Aktien nur von Organisationen erworben werden, denen die öffentliche Wasserversorgung obliegt, die nach bernischem Recht im Bereich der Wasserversorgung steuerbefreit sind und die gleichzeitig dem unter den Aktionären abgeschlossenen Partnerschaftsvertrag beitreten.
«Was mit den Anlagen bei einer Stilllegung oder einem Verkauf passiert, war ein Restrisiko im Partnerschaftsvertrag», präzisierte Waret-Verwaltungsratspräsident Melchior Buchs auf Anfrage. «Dieses Restrisiko haben wir nun eliminiert und hoffen auf positive Entscheide aus Steffisburg, Heimberg und Hilterfingen.» In Steffisburg wird der Grosse Gemeinderat am 26. August über die geänderte Vorlage befinden, und in Heimberg findet die Volksabstimmung am 25. September statt.
Keine höheren Wassergebühren
Da sich die meisten Primäranlagen im Waret-Gebiet in Thun und Steffisburg befinden, kann deren Übertragung in die Wege geleitet werden, wenn der GGR Ende August Ja sagt zu dem Geschäft. Einen Sonderfall stellt Hilterfingen dar, wo die Vorlage erst Ende November vor die Gemeindeversammlung kommt. Dieser späte Entscheid werde aber in die Planung miteinbezogen, wie auch immer er ausfalle.
Melchior Buchs betonte einmal mehr, dass die Waret AG kein gewinnorientiertes Unternehmen sei, das mit dem Kauf der Primäranlagen grosse Profite machen wolle. «In den Gemeinden, die der Waret angeschlossen sind, muss sich niemand Sorgen über höhere Wassergebühren machen. Je nach Unterhaltsbedarf könnten sie sogar sinken.»
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