Der Überflieger in der Höhe
Samuel Giger war beim Weissenstein-Schwinget derart überlegen, dass der Schlussgang nur noch Showcharakter hatte.
Es war lediglich die Bestätigung: Samuel Giger hat den bedeutungslosen Schlussgang auf dem Weissenstein nach gerade einmal 24 Sekunden für sich entschieden. Sein Gegner, der Wünnewiler Michael Wiget, war chancenlos. Und das schon zum zweiten Mal an diesem Tag, so wie die vier anderen Gegner Gigers. Der Thurgauer war schlicht zu überlegen. «Es lief einfach super», sagte der 21-Jährige. «Und natürlich ist das gut für mein Selbstvertrauen.»
Auf 1395 Meter über Meer fand auf dem Weissenstein das vierte Bergkranzfest der laufenden Saison statt. Bei strahlendem Sonnenschein zog es so viele Leute wie noch nie auf den Hausberg Solothurns. 4950 Zuschauerinnen und Zuschauer wurden gezählt. Und diese kamen auf ihre Kosten – trotz der Absage von Armon Orlik am Freitagabend.
Im Training habe er sich «eine leichte Blessur im Schulter-Nacken-Bereich» zugezogen. Mit Christoph Bieri musste ein weiterer «Eidgenosse» kurzfristig passen. Nichtsdestotrotz waren 16 «Eidgenossen» am Start.
Forrer enttäuscht
Deshalb gab es bereits im 1. Gang einige hochkarätige Duelle, wie etwa Bernhard Kämpf gegen Nick Alpiger oder Samuel Giger gegen Kilian Wenger. Giger hat den Schwingerkönig gepackt und ihm keine Chance gelassen. Wenger nahm im weiteren Verlauf des Festes zwar Schwung auf, aber Giger hielt dagegen – und wie. Am Ende des Tages blickt der Thurgauer auf sechs Siege zurück, kommt auf ein Total von 59,75 Punkten.
Einzig im 2. Gang gegen den Schwarzenburger Fabian Staudenmann liess er einen Viertelpunkt liegen. Und ausgerechnet Staudenmann hatte später noch einen wichtigen Einfluss auf den Ausgang dieses Festes. Keinen Einfluss auf das Geschehen nahm Arnold Forrer. Der 147-fache Kranzgewinner will vor seinem Rücktritt Ende Saison unbedingt auf 150 Kränze kommen. Aber auf dem Weissenstein war er weit davon entfernt. Nach zwei Niederlagen und einem Gestellten musste er angeschlagen aufgeben.
Giger hingegen schwang weiter auf höchstem Niveau. Der Weissenstein liegt ihm einfach. Bereits letztes Jahr holte er sich den Festsieg, dieses Mal war die Angelegenheit aber um einiges deutlicher. Nach fünf Gängen stand er schon fast als Sieger fest. Nur Kilian Wenger hätte ihn gefährden und auf gleich viele Punkte kommen können.
Die Regel besagt: Wenn zwischen den zwei punkthöchsten Schwingern, in diesem Fall Giger und Wenger, vor dem Schlussgang eine Differenz von 1,5 Punkten existiert, der Führende daher schon als Gesamtsieger feststeht, kann ein Zusatzgang angeordnet werden. Das Szenario sieht vor, dass mit Ausnahme des Führenden alle Schwinger den sechsten Gang absolvieren. Danach bestreitet der Bestklassierte den Schlussgang gegen den Führenden als Zusatzgang. Dieses Szenario wird auch als Ausschwingen bezeichnet. Für einen gewonnenen Zusatzgang wird ein Viertelpunkt gutgeschrieben.
Berner überzeugen
Aber zur grossen Rechnerei kams gar nicht. Fabian Staudenmann, Wengers Gegner im 6. Gang, kämpfte noch um einen Kranz und gab sich nicht einfach so geschlagen, auch wenn er wie Wenger dem Bernisch-Kantonalen Schwingerverband (BKSV) angehört. So endete der Kampf gestellt, Staudenmann hatte seinen Kranz, Giger den Festsieg auf sicher.
Auch wenn der Sieger aus der Nordostschweiz stammt: Die Berner hinterliessen als Team einen guten Eindruck und holten am meisten Kränze (BKSV: 7, NOSV: 3, NWSV: 4). Das Ausschwingen war mit Wengers Niederlage noch nicht beendet. Weil Michael Wiget zuvor den aufstrebenden Aargauer Nick Alpiger – der sich dabei verletzte – bezwang, stiess Wiget auf den zweiten Rang vor.
Der bedeutungslose Zusatzgang Giger/Wiget wurde zum Schaulaufen Gigers. Nach 24 Sekunden setzte er dem Fest ein Ende. Mit dem erste Zug, einem Kurz, war er sogleich erfolgreich. Giger ist der erste Schwinger, der den Titel verteidigen kann.
Wiget kann sehr gut mit dieser Niederlage leben, schliesslich ging es ja um nichts. «Immerhin hielt ich länger durch als bei unserem ersten Kampf im 4. Gang», sagt Wiget und lacht. Da lag er bereits nach sechs Sekunden im Sägemehl. «Am meisten freut mich, dass ich überhaupt hier sein konnte», meint Wiget.
«Wenn man drei Jahre nicht schwingen kann, dann geniesst man jeden Gang.» Es war erst sein zweites Bergfest. Verletzungen warfen ihn immer wieder zurück. Der 20-Jährige hat in der Vergangenheit immer wieder über Probleme am Knie, am Ellbogen und an der Schulter geklagt. In Zug wird Wiget erstmals an einem «Eidgenössischen» teilnehmen.
Wie er freut sich auch Giger, der 2016 in Estavayer-le-Lac seinen ersten eidgenössischen Kranz feiern konnte, auf das ESAF. «Meine Formkurve zeigt nach oben. Bis zum Start in einem Monat will ich sie auf den Höhepunkt bringen.» In Zug sollte auch Armon Orlik wieder mit von der Partie sein. Gut möglich, dass sich Orlik und Giger dann gegenüberstehen – vielleicht ja sogar im wichtigsten Schlussgang des Schweizer Schwingsports.
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