Der gefallene Multimillionär kehrt heim
Der Kollaps des Elektronikkonzerns Polly Peck im Jahr 1990 war eine der grössten Pleiten Grossbritanniens. Im Zentrum stand Asil Nadir. Er floh nach Zypern, wo er als Held gefeiert wurde. Nun stellt er sich doch noch den englischen Richtern.
Er gilt als einer der berüchtigsten Flüchtlinge Grossbritanniens: Asil Nadir wird heute mit der türkischen Airline Onur Air in London landen und erstmals seit über 17 Jahren wieder britischen Boden betreten. Der Tycoon stellt sich damit endlich dem Betrugsverfahren im Zusammenhang mit einer der grössten Firmenpleiten der englischen Wirtschaftsgeschichte.
Nadir war Gründer und Chef der 1990 mit 1,3 Milliarden Pfund Schulden zusammengebrochenen Handels- und Elektronikgruppe Polly Peck International. Die Firma war während der Thatcher-Ära eine der grössten in Grossbritannien und galt als Aushängeschild für den Boom in den Achtzigerjahren.
Freund der Tories
Der Konkurs von Polly Peck hatte auch politische Implikationen: Nadir war einer der wichtigsten Spender der Konservativen Partei und gern gesehener Gast in der Downing Street.
Nadir hätte sich damals wegen Bilanzfälschung und Steuerhinterziehung vor Gericht verantworten müssen. Doch er entwischte auf spektakuläre Art und Weise den britischen Behörden. Am 4. Mai 1993 düste er mit seinem Privatjet davon und liess 3,5 Millionen Pfund Kaution sausen, um sich auf Nordzypern ein schönes Leben zu machen. Die britischen Beamten, die Nadir hätten beobachten sollen, bauten während der Flucht des Tycoons gerade ihre Überstunden ab. Zypern unterhält kein Auslieferungsabkommen mit Grossbritannien.
Vor Freude Schafe geopfert
In seiner neuen alten Heimat hat sich der türkisch-zypriotische Staatsbürger erneut als einflussreicher Geschäftsmann etabliert. Er besitzt heute Zeitungen und TV-Sender. In Nordzypern wurde er stets als Justizopfer wahrgenommen und als Held gefeiert. Zahlreiche Zyprioten hätten 1993 aus Freude über die Heimkehr ihres Idols Schafe geopfert. Nadir hat bereits von London aus stets versucht, die Wirtschaft Zyperns zu unterstützen.
Zu den Gründen seiner Flucht sagte er damals, die strikten Kautionsbedingungen hätten ihn dazu getrieben. Nach dem Zusammenbruch von Polly Peck hätten ihn die britischen Behörden unter massiven Druck gesetzt, sie hätten sogar private Briefe von seinen Anwälten geöffnet und Dokumente beschlagnahmt, die er zu seiner Verteidigung benötigt hätte. Es sei ihm klar geworden, sagte Nadir damals gegenüber der Presse, dass «die Chance auf ein faires Gerichtsverfahren mit jedem Tag schwand.» Er sei bereit, nach England zurückzukehren, wenn man ihm bedingungslose Kaution gewähre. London lehnte ab. Bis heute.
Horde von Anwälten
Der mittlerweile 69-jährige Asil Nadir wird bei seiner Rückkehr von seiner 26-jährigen Frau und einer Horde von Anwälten – vollgepackt mit Dokumenten für die Verteidigung – begleitet.
Warum kehrt er genau jetzt zurück? Gegenüber der britischen Zeitung «The Times» sagt er: «Ich möchte diesen Fall endlich abschliessen und hoffe nun auf ein faires und gerechtes Verfahren. Das Einzige, worauf ich mich verlassen kann, ist die Überzeugung, unschuldig zu sein . Das gibt mir Kraft.»
Bald kommt jetzt die späte Stunde der Wahrheit für Nadir: Er wird sich ab dem 3. September vor Gericht verantworten müssen.
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