Der eMini verströmt Rummelplatzfeeling
Die Marketingverantwortlichen verglichen bisher das Fahrgefühl im britischen Stadtflitzer mit dem eines Gokart. Als Mini Electric hingegen fühlt er sich wie ein Autoscooter an.

Glaubt man dem Volksmund, dann werden die Letzten die Ersten sein. Doch in der BMW Group ist es genau andersherum. Zumindest, was die Elektromobilität angeht. Denn nachdem Mini vor rund zehn Jahren den Vorreiter gespielt und mit einer Kleinserie die Technik für den revolutionären i3 erprobt hat, haben die Bayern bei ihrer britischen Tochter schnell wieder den Stecker gezogen und sie weiter mit Benzin und Diesel aufgepäppelt. Doch jetzt endlich dürfen sie auch in Oxford an den Strom und bringen zum Jahresende den Mini Electric auf den Markt. Mit mindestens einer halben, eher einer ganzen Generation Verspätung muss er das Feld von hinten aufrollen und sich seinen Platz an der Ladesäule erst erkämpfen.
Dabei setzen die Briten auf drei Eigenschaften, die auch den normalen Mini zum Dauerbrenner gemacht haben: das charakterstarke Design, das sich nur in Details wie einem geschlossenen Grill und einer Heckschürze ohne Endrohre unterscheiden wird, ein verspieltes Interieur mit reichlich eingebautem britischem Humor bei der Programmierung des Infotainmentsystems in der LED-Jukebox und ein Fahrverhalten, das nah am Gokart oder hier besser am Autoscooter ist.
Ungewohnte Stille
Denn auch wenn der Mini beim Starten klingt wie ein Raumschiff vor dem Lift-off, fühlt er sich beim Kickdown an wie ein Cooper S beim Start zur Rallye Monte Carlo. Während eine neue Traktionselektronik das Scharren der Vorderräder verhindert, schiesst er davon, als wolle er beim Ampelspurt selbst einen M3 hinter sich lassen. Und auch wenn das Auto sich deutlich schwerer anfühlt und mit den Batterien im Boden ein bisschen höher gebaut ist als der normale Dreitürer, liegt er satt und stabil auf der Strasse und geht wie gewohnt zackig ums Eck.
Von 0 auf 100 vergehen kaum mehr als sieben Sekunden und dass bei 150 Sachen wieder Schluss ist, stört heute ohnehin niemanden mehr. Viel eher muss man sich an die Stille gewöhnen, nachdem man gerade mit dem Mini gern mal ein bisschen Krawall gemacht hat. Und natürlich ist das Bremsen gewöhnungsbedürftig. Denn auch der Mini hat zwei unterschiedliche Rekuperationsstufen für den E-Motor programmiert und lässt den Wagen entweder endlos segeln oder so viel Energie zurückgewinnen, dass er tatsächlich nach wenigen Metern zum Stehen kommt und man die Fussbremse kaum mehr benötigt.
Spritzig und spassig, und das ganz ohne schlechtes Gewissen – so wird die Stadt zum Jahrmarkt, und hinter dem Steuer fühlt man sich tatsächlich wie im Autoscooter –, nur den Spass mit den Rempeleien lässt man besser bleiben. Schliesslich wird der Mini E wohl um die 35'000 Franken kosten, wenn zum Jahresende die ersten Exemplare auf die Strasse kommen.
Wenn die Kunden täglich im Schnitt 40 Kilometer fahren, kommen sie mit einer Akkuladung durch die Woche.
Die Technik dafür stammt diesmal – zumindest das ist eine Art ausgleichende Gerechtigkeit – von der jüngsten Evolutionsstufe des BMW i3. Von ihm übernimmt der Mini E die 96 Lithium-Ionen-Zellen mit einer Kapazität von zusammen 33 kWh, die im Mitteltunnel und unter der Rückbank montiert sind, sodass der ohnehin schon knappe Innenraum nicht weiter geschmälert wird, und auch der E-Motor für die Vorderachse stammt vom i3. Er kommt auf rund 190 PS. Genaue Zahlen will Mini noch nicht herausrücken. Doch wenn man den i3 tatsächlich als Massstab nehmen darf, dann sollte der batteriebetriebene Brite auf gute 200 Kilometer Reichweite kommen – deutlich mehr als der Smart ED, aber weniger als Konkurrenten wie der Renault Zoe, den es schon seit Jahren gibt, oder der Peugeot 208, der die Stadt erst noch unter Strom setzen möchte.
Das wissen sie natürlich auch in Oxford und München. Doch trösten sie sich darüber hinweg mit einem Blick in die Statistik: Weil der Mini nach dem Smart das vielleicht urbanste Auto ist, sind die Kunden damit pro Tag im Schnitt weniger als 40 Kilometer unterwegs – und kommen so mit einer Akkuladung im Idealfall durch die gesamte Woche. Und was den späten Start angeht, so hoffen die Manager einfach, dass sie genau dann auf den Markt kommen, wenn das Geschäft mit den Elektroautos endlich anzieht. Und dass man dem Volksmund auch das Wort umdrehen kann – und die Letzten tatsächlich die Ersten sein werden.
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