«Das ist ein rein politisches Urteil der Finma»
Der Stahlriese Schmolz + Bickenbach kann nur dank einer Ausnahmebewilligung gerettet werden. Laut Aktienrechtler Peter V. Kunz ist das rechtlich nicht zu begründen.

Die Finanzmarktaufsicht (Finma) hat Amag-Besitzer Martin Haefner Anfang Woche erlaubt, den Stahlriesen Schmolz+Bickenbach nach seinem Gutdünken zu sanieren. Haefner kann dank einer Ausnahmeregelung 37,5 Prozent der Aktien übernehmen, ohne den Minderheitsaktionären ein Übernahmeangebot zu machen.
Herr Kunz, die Finma kippte nicht nur den Entscheid der Vorinstanz, sondern diskreditierte sie in der Begründung förmlich. Warum?
Wahrscheinlich ist die Kritik so harsch, weil man einen Beschluss der Übernahmekommission (UEK) innert 5 Tagen umgestossen hat, was eigentlich nicht seriös ist. Eine fundierte Begründung kann man in dieser Zeit nicht liefern. Das geht nur, wenn man den Vorentscheid als fundamental falsch darstellt.
Ist er das denn?
Nein. Der Entscheid der Übernahmekommission wird von der Finma zu Unrecht kritisiert. In Wahrheit ist das ein rein politisches Urteil der Finma. Es gibt kein stichhaltiges rechtliches Argument.
Immerhin sagt die Finma, Haefner müsse bis in fünf Jahren die Beteiligung unter 33 Prozent senken, sonst muss er doch noch ein Übernahmeangebot machen.
So etwas habe ich noch nie gesehen. Da erzählt Haefner in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag», dass die Sanierung fünf bis sieben Jahre dauert, und schon gibt man ihm fünf Jahre Zeit, um seine Beteiligung zu reduzieren. Und nicht nur das, man schreibt grad auch noch in die Verfügung, dass man die Ausnahmefrist bei Bedarf auch verlängern kann. Ich habe noch nie so eine willfährige Verfügung gesehen wie die der Finma. So kann man das Gesetz gleich ausser Kraft setzen.
«Die Finma hat einen Bückling gemacht vor den lokalen Politikern und ihrem Chef, Ueli Maurer.»
Die Firma würde ohne rasche Sanierung in Konkurs gehen, sagt Haefner. Hat er recht, dann hätten die Kleinaktionäre auch nichts vom Aktienrecht.
Die Story, die da erzählt wird, überzeugt einfach nicht. Die UEK hat sich nicht davon überzeugen lassen und ich auch nicht. Faktisch hat man das Übernahmerecht ausser Kraft gesetzt und den ganzen Minderheitenschutz aus politischen Gründen den Grossaktionären Haefner und Viktor Vekselberg geopfert.
Na ja, die hätten sonst die Sanierung nicht finanziert. Wie hätten Sie denn den Arbeitern den Konkurs und damit den Verlust des Arbeitsplatzes erklärt?
Mir kann niemand erzählen, dass die Sanierung gescheitert wäre, nur weil Haefner nicht 37,5 Prozent, sondern nur 33 Prozent der Aktien halten darf. Stellen Sie sich mal vor, da geht es um Hunderte Millionen Franken. Beim Deal mit Vekselberg gab es garantiert einen Plan B für den Fall, dass die Finma Nein sagt.
Haefner sagte, er brauche mehr Stimmrechtsanteile als Vekselberg (er hält 26 Prozent der Aktien) und die frühere Besitzerfamilie (10 Prozent) zusammen, sonst könne er den Konzern nicht führen.
Dann hätte Vekselberg halt auf 23 Prozent gehen müssen. Das wäre doch überhaupt nicht schlimm gewesen.
Aber viel komplizierter als die jetzige Lösung. Die Luzerner Kantonsregierung und lokale National- und Ständeräte haben sich bei den Bundesräten Guy Parmelin und Ueli Maurer für eine Ausnahme eingesetzt, um die Arbeitsplätze zu retten. Lagen die alle falsch?
Natürlich kann man immer sagen, dass das Gesetz stört. Das hat man auch gesagt, als die UBS über Nacht ihre Kundendaten in die USA geliefert hat. Da sprach man auch von einem einzelnen Notfall, aber danach war das Bankgeheimnis nicht mehr zu halten. Dies ist jetzt wieder so, wenn man jetzt die Ausnahme gewährt, dann wird man bei jeder Sanierung immer wieder dieselben Argumente vorbringen. Faktisch gibt man allen Firmen bei künftigen Sanierungen ein Opting-out, also die Möglichkeit, den Minderheitsschutz zu kippen, und den Grossaktionären die Möglichkeit, um ein Zwangsangebot herumzukommen.
Sie kritisieren die Finma als zu weich, aber von Bankenseite her wird ihr vielfach ein arrogantes, selbstherrliches Vorgehen vorgeworfen. Ist da etwas dran?
Tatsächlich agierte die Finma eine Zeit lang zu eigenmächtig und masste sich bei der Regulierung Kompetenzen an, als könne sie Gesetze erlassen. Das ging zu weit.
Haben Sie ein Beispiel?
Ja, im Steuerstreit mit den USA hat der damalige Finma-Direktor über einen Gastkommentar in der NZZ die Bank praktisch dazu gezwungen, beim Steuerabkommen mit den USA mitzumachen. Das kostete die Banken Millionen, obwohl bei den meisten kaum ein Steuersünder gefunden wurde. Im aktuellen Fall hat die Finma aber ganz einfach einen Bückling gemacht vor den lokalen Politikern und ihrem Chef, Ueli Maurer.
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