Wegen PreisexplosionBritische Supermärkte sichern jetzt Käse gegen Diebstahl
Je stärker die Lebensmittelpreise steigen, desto mehr wird offenbar in britischen Supermärkten geklaut. Manche Geschäfte reagieren: Sie sichern Cheddar genauso wie Champagner.

Wie viel Kilogramm Butter in letzter Zeit bei Tesco in Bethnal Green geklaut wurden, ist nicht bekannt. Fest steht nur, dass der Supermarkt im Londoner East End den Butter-Dieben den Kampf angesagt hat: Auf einigen 500-Gramm-Packungen kleben nun zur Abschreckung gelbe Sticker. «security protected» steht da, darunter ein vibrierendes Schloss. Eine Warnung wie bei einer Alarmanlage.
Doch Tesco ist damit nicht allein. Auch andere britische Supermärkte haben ihre Lebensmittel vor Ladendieben gesichert. In den sozialen Netzwerken wird seit Tagen ein Foto geteilt, das in einem Aldi aufgenommen worden sein soll. Darauf zu sehen ist Cheddar, umwickelt mit einer Diebstahlsicherung, die erst an der Kasse entfernt werden kann.
Solche Sicherungen waren bisher vor allem bei teuren Alkoholika üblich. Dass nun auch Lebensmittel vor Ladendieben geschützt werden, ist neu. Der Grund dafür sind die massiv gestiegenen Preise. So kosten zum Beispiel 500 Gramm Butter mittlerweile 30 Prozent mehr als im Januar.
In Grossbritannien spricht man schon von einer «cost of living crisis». Eine der Folgen: Immer mehr Ladendiebe haben es auf ganz alltägliche Produkte abgesehen. So erzählte es jedenfalls der Leiter einer Supermarktfiliale der britischen Fachzeitschrift «The Grocer».
Dass Lebensmittel bald wieder günstiger werden, damit ist nicht zu rechnen. Ganz im Gegenteil. In Grossbritannien ist die Inflationsrate zuletzt auf ein 40-Jahres-Hoch gestiegen, sie liegt bei 9,1 Prozent. Dabei dürfte es nicht bleiben, die Bank of England rechnet für den Herbst mit einem weiteren Anstieg auf elf Prozent. Neben Gas und Benzin sind es vor allem Lebensmittel, die sehr viel teurer geworden sind.
Brexit treibt die Preise hoch
Wie es aussieht, sind Supermärkte, die deshalb ihre Waren gegen Diebstahl sichern, aber bislang die Ausnahme. Wer zum Beispiel am Donnerstag im Londoner Bezirk Richmond unterwegs war, konnte ganz normal einkaufen. Weder bei Tesco noch bei Waitrose oder Marks & Spencer waren Käse und Butter gegen Diebstahl gesichert. Eine einheitliche Regel, bestimmte Produkte mit Sicherheitsaufklebern zu versehen, scheint es auch nicht zu geben. Bei der Supermarkt-Kette Asda etwa entscheidet jede Filiale für sich.
Ob Diebstahlsicherungen irgendwann zum Normalfall werden, wird sich zeigen. Klar ist nur, dass es in Grossbritannien abgesehen von der «cost of living crisis» noch einen speziellen Nachteil gibt: den Brexit. Laut einer Studie des Centre for Economic Performance der London School of Economics sind die durchschnittlichen Lebensmittelpreise wegen des EU-Austritts bereits in den Jahren 2020 und 2021 deutlich gestiegen – und zwar um etwa sechs Prozent.
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